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NÜRNBERG
Rock im Park hat mehr Glück als Rock am Ring
Anders als beim Zwillingsfestival Rock am Ring in der Eifel ist der Samstagnachmittag bei Rock im Park sonnig und warm.
Foto: Fabian Gebert | Anders als beim Zwillingsfestival Rock am Ring in der Eifel ist der Samstagnachmittag bei Rock im Park sonnig und warm.
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 27.04.2023 01:44 Uhr

Regen im Park oder Rock im Poncho – ja, nass war?s. Die Massen sind zwar nicht im Schlamm versumpft, eine feuchte Angelegenheit war Rock im Park aber allemal. Knapp 80 000 Fans feierten trotzdem Stars wie Black Sabbath, Volbeat oder die Red Hot Chili Peppers. Und blieben verschont von extremem Unwetter, anders als Festival-Zwilling Rock am Ring, wo über 80 Menschen verletzt wurden.

Aber Hand aufs Herz: So ein bisschen Regen gehört schon dazu, nicht? „Doch“, sagt Steffen. „Irgendwie schon.“ Der 26-Jährige aus Hannover ist Metal-Fan, zum zweiten Mal in Nürnberg und Wacken-erprobt: „Da stehe ich jedes Jahr knöcheltief im Matsch. Abgesehen von den paar Mal, wo wir in der Hitze Staub geschluckt haben. Ich bin Extreme gewohnt und abgehärtet.“ Und er ist bestens gerüstet: Kurze Hose, T-Shirt, Kapuzenpulli umgebunden, Regenjacke mit reingewurstelt – und noch einen Plastikponcho in der Hosentasche. Da kann kommen, was will.

Fans weichen in die Halle aus

Und es kommt. Das Wasser, das 2015 noch so kostbar war bei drei Tagen Gluthitze, es kommt von oben. Am Freitag haut?s dicke Tropfen zu den ersten Bands herunter, am Samstag dann – allerdings nach einem sonnig-warmen Tag erst am Abend – noch dickere. Das nennt sich Wolkenbruch, verscheucht viele Fans von den Bühnen im Freien und beschert den US-Metalcore-Rabauken August Burns Red eine rammelvolle Halle. Irgendwann sind die tiefhängenden, kohlrabenschwarzen Wolken dann leer, und das Hauptfeld füllt sich wieder. Volbeat, Headliner am zweiten Tag, danken?s mit einer pfiffigen Rock?n?Roll-trifft-Heavy-Metal-Mischung und Feuerwerkereien.

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Deutlich unaufgeregter der Auftakt am Freitag: Nach anfänglichen Güssen geht es mit den alten Herrschaften von Black Sabbath trocken in die laue Nacht. Beinahe andächtig lauscht die Menge den Doom-Klassikern „Snowblind“, „Children oft he Grave“ oder „Iron Man“.

Den einen oder anderen Jungspund mag der Auftritt von Ozzy Osbourne, Geezer Butler, Tony Iommi und Co. irritieren. Ja, ganz perfekt ist das nicht. Iommy muss an der Gitarre Solo-Sonderschichten fahren, um Ozzy ein paar Pausen zu gönnen – dabei ist der Sänger mit seinen 67 Lenzen noch nicht mal der Band-Senior. Dass 20 Minuten früher als geplant das finale „Paranoid“ aus den Boxen scheppert – geschenkt.

An jeder Ecke stehen Wegweiser

Die Kids suchen sich eh ihre Alternativen. Ob HipHop (herrlich bunt: Alligatoah; herrlich aufgedreht: Fettes Brot), Pop-Rock (fast schon zu perfekt: SDP) oder Metalcore (brachialer Abriss von Caliban) – beim RIP ist immer für alle was dabei.

Und schließlich geht?s ja nicht nur um Musik. Drei Tage raus aus dem Alltag, in eine Parallelwelt aus Party, Freunden und, ja, auch ein bisschen Alkohol. „Uns ist der Leiterwagen zusammengebrochen“, teilt Markus dem ganzen Tisch im Biergarten mit. Selbstredend erklärt der bärtige Kerl aus Thüringen den Materialschaden auch: „40 Paletten Büchsenbier. 40 Paletten.

“ Die Schnapsleichen sind aber weniger geworden, zumindest auf dem Festivalgelände. Auf den Campingflächen ist das möglicherweise anders. Aber: Was im Zelt war, bleibt im Zelt. Oder so. Sorgen machen müssen sich zu Hause ohnehin weder Eltern noch Chef. Das Festival-Leben ist längst nicht mehr so wild. Klar, die unvermeidlichen Spaßkanonen in Plüschkostümen irgendwo zwischen Frosch und Hase nerven, tun aber keinem weh.

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Und für den Rest gibt?s Regeln. An jeder Ecke stehen Wegweiser, Verlaufen unmöglich. „Ist aber keine schlechte Sache“, sagt der Würzburger Ralf. Der 32-Jährige ist Stammgast am Zeppelinfeld und schätzt, wie seine drei Kumpels aus Unterfranken, einen gewissen Komfort: „Wir sparen nicht an Zelt und Verpflegung. Alles vom Feinsten, nix Ravioli und so Büchsenzeug. Da erwarte ich dann auch einiges an Sicherheit. Gerade in Zeiten mit Terroranschlägen und so.“ Nun, die Kontrollen sind 2016 wirklich etwas strenger, gemurrt wird aber kaum ob der längeren Wartezeiten am Eingang.

Humorige Durchsagen

Für die Sicherheit am Gelände sorgen dann noch ein paar zusätzliche Durchsagen, etwa in welche Richtung die Bühnen am geschicktesten zu wechseln seien, um Gedränge und Panik-Szenarien zu vermeiden. Und Humor hat die nette Stimme aus dem Off direkt vor dem Auftritt von Bring Me The Horizon auch noch: „Der Konsum von Marihuana ist nicht zu empfehlen. Sollten Sie im Besitz von Drogen sein, nehmen Sie diese vor der Show. Sollte es Ihnen gelungen sein, pyrotechnische Gegenstände mit aufs Gelände zu bringen, benutzen Sie diese bitte nicht.“ Na, dann kann ja nichts schiefgehen.

Ein Wolkenbruch ist noch lange kein Grund für schlechte Laune.
Foto: Fabian Gebert | Ein Wolkenbruch ist noch lange kein Grund für schlechte Laune.

Damit optisch nichts schiefgehen kann, scheut vor allem die U-30-Fraktion keinerlei Mühen: schwarze Hose, schwarzes Shirt. Viele Park-Rockerinnen haben dagegen ihren eigenen Style: Hotpants, abenteuerlich gemusterte Strumpfhosen, Gummistiefel, geknotete Tops, Halsketten, auf dem Kopf Geflochtenes oder Geknödeltes. Und die Jungs, gerne akkurat gescheitelt, zwängen sich neuerdings in Jeansröhren, die so eng sind, dass man sich fragt, wie man die überhaupt am Knöchel, oberhalb der quietschbunten Turnschuhe, noch dreimal hochschlagen kann.

Würde alles zum gepflegten Stadtbummel taugen. Kaum zu glauben, dass diese Herrschaften gelegentlich komplett durchdrehen. Immer dann nämlich, wenn Metalcore auf dem Programm steht.

Bei Metalcore drehen alle komplett durch

Das ist extremer Metal, oft mit Elektro-Elementen, meist mit einem Wechsel aus Gebrülle und Klargesang, hübschen Melodie-Einsprengseln – und wahnwitzigen Tänzen vor der Bühne. Es geht um Eskalation – und ist doch herrlich friedlich: Wenn einer hinfällt, helfen ihm die anderen sofort auf. „Das ist Adrenalin pur. Da vergisst du alles andere“, sagt Katja. Das schmächtige Mädchen aus Kärnten mit den zartlila gefärbten Haaren ist völlig außer Atem. Sie kommt gerade von Of Mice&Men. „Paar blaue Flecken, ja. Aber sonst passt alles.“

Der Samstag gleicht einer irrwitzigen Achterbahnfahrt durch alle Musikstile. Death Metal von Amon Amarth auf der Hauptbühne, Elektro-Rap-Punk-Mix von Frittenbude auf der „Park Stage“, nahezu die komplette Rockpalette in der Halle „Alternarena“. Und Kantiges zum Finale: Tenacious D legen mit einem gut aufgelegten Jack Black vor, die dänischen Rock?n?Roller Volbeat mit einer intensiven Show nach. Da müssen sich am Sonntag die Red Hot Chili Peppers ganz schön strecken, um Schritt zu halten.

Und wie sie sich strecken. Einen stark metallastigen Tag mit Brettern wie Killswitch Engage und Heaven Shall Burn runden die kalifornischen Funk-Rocker souverän ab. Aber wer „Under the Bridge“ und „Give it away“ im Gepäck hat, dem fällt's auch leicht, abzuräumen. Das letzte Wort eines aller Gewittergüsse zum Trotz gelungenen Rock im Park 2016 haben aber weit nach Mitternacht The BossHoss.
 

 
 
 
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