
Wenn man keinen Spitznamen hat, heißt das entweder, dass man unglaublich langweilig ist, oder dass man keine Freunde hat. Und genau das ist das Problem, mit dem Maik Klingenberg, die 14-jährige Hauptfigur von „Tschick“ zu kämpfen hat. Schlimmer noch: langweilig und keine Freunde! So zumindest zu Beginn des Stückes, das am Donnerstag im Theater am Neunerplatz Premiere hatte.
Mit Tschick, dem neuen Klassenkameraden, wird alles anders. Wolfgang Herrndorfs Jugendroman ist in seiner Theaterfassung seit Jahren auf Deutschlands Bühnen präsent, und das zu Recht. Eine ganz besondere Geschichte über Freundschaft und Heranwachsen, ohne Weichspüler und Melodrama, kantig, witzig und wahr – und genau so inszeniert von Martin Maria Eschenbach, der für diese Regiearbeit an eine alte Wirkungsstätte zurückkehrt.
Der junge Konrad Hansen begeistert in der Rolle des Maik
"Tschick" erzählt von einem Roadtrip, der Maiks Leben verändert. Zwei Außenseiter auf dem Weg in die Walachei (Tschick schwört, dass sein Großvater dort lebt), im geklauten Lada, ohne Führerschein, ohne jeden Plan. Der Regisseur springt leichtfüßig zwischen erzählten Rückblicken und gespielten Szenen, zwischen greifbarer Wahrhaftigkeit und verspielter Ironie. Eine echte Entdeckung dabei ist der junge Konrad Hansen, ein echtes „Neunerplatzgewächs“, wie ihn Theaterleiter Sven Höhnke ankündigt. Mächtig aufgeregt sei er heute, bei seiner ersten großen (Erwachsenen-)Produktion.
Von Lampenfieber ist allerdings nichts zu spüren, Konrad Hansen spielt seinen Maik Klingenberg wie ein Profi: das ist eine reife Leistung, wenn auch nicht wirklich verwunderlich, schließlich stand der Sproß einer Würzburger Theaterfamilie im Neunerplatz schon vor acht Jahren erstmals auf der Bühne – in seinem Fall ist das genau ein halbes Leben. Luca Sell ist nicht nur ein überzeugender Tschick, er schlüpft auch mit lässiger Geschmeidigkeit in alle männlichen Rollen, die das Stück verlangt, Dialekte und Akzente inklusive. Silvia Schreiner ist das weibliche Pendant, mehr als ein halbes Dutzend Rollen jongliert sie bravourös, von der meist alkoholisierten Mutter über die zickige Tatjana bis hin zu Isa, die ebenso überraschend in Maiks Leben tritt.
Die Bühne ist mit einfachsten Mitteln gestaltet, ein großer Klotz, ein Mikrofon, alles andere spielen die Darsteller herbei, mit ebenso großer Energie wie Genauigkeit – gerade hier wird eine sehr akkurate, feinjustierte Regie spürbar.
Drei hervorragende Schauspieler, eine gelungene Inszenierung und ein Stück, das einen frischen, unverwüstlichen Charme bewahrt. Bei der Premiere gab es verdiente stehende Ovationen.
Auf dem Spielplan bis 27. Februar. Karten: Tel. (0931) 415443, E-Mail theater@neunerplatz.de