Rita Russek: Das war wirklich so. Damals ging ein Großteil des Teams nach Basel. Da wollte ich nicht mit, weil ich dann hier die Familie zerrissen hätte.
Russek: Eigentlich eher im Nachgang. In der aktuellen Situation fand ich's spannend, etwas ganz anderes zu machen. Ich habe den Abschied auch deswegen nicht so bedauert, weil ich dachte: Jetzt kommen sowieso nur schlechtere Zeiten. Was sich zum Teil bewahrheitet hat, weil es dann an einigen Stellen, zumindest am Residenztheater, relativ mittelmäßig wurde. Und wir – also die alte Theaterfamilie – konnten doch mit Fug und Recht behaupten, wir haben die besten Zeiten erlebt.
Russek: Das ist für mich nicht die Alternative. Ich würde an ein Haus zurückgehen, würde mich an ein Ensemble binden, mit allen Vor- und Nachteilen. Das war immer mein Theaterverständnis. Eigentlich erwarte ich von allen, die ans Theater gehen, dass sie sich auch einlassen auf ein Haus und auf dessen Struktur. Die meisten, die beim Fernsehen in einer guten Position sind, können es sich aber gar nicht mehr leisten, zurückzugehen an ein Haus mit all seinen Regularien – und dem sehr viel wenigeren Geld.
Russek: Für meine Begriffe war der Sendeplatz am Samstag um 19.25 Uhr beim ZDF immer ein bisschen sehr hausbacken besetzt. Jetzt hat man zwei neue Serien entwickelt – die „Familiendetektivin“ ist eine davon. Die ist flotter, temporeicher und, wie ich finde, lustiger. Vor allen Dingen ist sie von der Autorin Rodica Doehnert sehr schön erzählt. Das hat mich daran gereizt. Und wir sind ein gutes Team.
Russek: Eigentlich ist sie nur ein Teil von mir, weil sie doch relativ naiv ist und die Welt nach dem Motto angeht: Jetzt machen wir erst mal einen Schritt, und dann gucken wir mal, wie sich der zweite finden lässt. Sie plant nicht, lebt in den Tag hinein und erhofft sich von der Welt Geschenke. Sie ist aber auch bereit, selbst Geschenke zu geben. In diesem Alter noch so jugendlich zu denken, so zuversichtlich und positiv zu sein, das finde ich ganz amüsant an der Figur.
Russek: Das ist für mich wirklich nicht nachvollziehbar. Ich finde, der sieht 25 Jahre jünger aus. Ich bestehe auch darauf (schmunzelnd): Der ist mindestens 20 Jahre jünger.
Russek (lachend): Das ist ein Schmarrn . . .
Russek: Absolut. Deswegen bin ich ja der Meinung, man müsse da ordentlich noch ein paar Jahre draufhauen. Der Schauspieler ist ja tatsächlich 20 Jahre jünger als ich. Man muss den Altersunterschied größer machen, damit die Beziehung einen Geschmack von Abenteuer kriegt.
Russek: Es ist die Frage, wie weit das in zehn Folgen, die derzeit geplant sind, möglich ist und ob das wünschenswert ist. Denn dann müsste man das anders anpacken, dann würde man eher eine Serie über eine etwas merkwürdige Familie machen. Aber wenn die Serie „Die Familiendetektivin“ heißt, muss man das anders gewichten. Dann steht halt eher dieser kleine detektivische Fall im Mittelpunkt.
Russek: Ja klar. Das wär ja noch schöner, wenn da keine Entwicklung wäre. Dann würden wir nicht älter werden, dann hätten wir keine Erfahrung mitbringen können. Dass man Raum für Entwicklung bekommen hat über all die Jahre, werte ich als etwas ganz Tolles. Anna wird ja älter, findet sich dann zu alt und zu einsam – und daraus entstehen Geschichten.
Russek: Sagen wir mal so: Der Vorteil einer Reihe wie „Wilsberg“ ist, dass die Figur irgendwann ins Gewebe gesickert ist. Dann trägt man sie mit sich rum, irgendwie wie ein Rucksackkind, und viermal im Jahr – sag' ich mal jetzt etwas flapsig – wird sie aktiviert. Die Figur ist nie weg und kriegt also letzten Endes die Prägungen, die die Schauspielerin erlebt, mit. Das bleibt so, bis es ein Kommando gibt „alles vergessen, die Sache ist beendet und kommt niemals wieder“. Dann gibt man die Figur ab und speichert auch nichts mehr, was ihr eventuell nutzen könnte.
Russek: Man muss so viel dem Sender überlassen. Man hat so wenig Veto-Rechte, dass ich in diesem Fall – ausnahmsweise! – ganz getrost bin und denke: Sollen die sich den Kopf zerbrechen. Irgendwann werden sie sagen: Nu isset gut, dann isset auch gut. Eventuell gibt es auch bei mir einen Punkt, wo ich sage: Nu isses eigentlich demnächst mal gut. Aber: Es gibt auch die Verantwortung dem Team, den Kollegen gegenüber. Die wissen ganz genau, wenn ich Knall auf Fall aussteige, müssten sich ein paar Dinge verschieben. Will man das? Will man das den anderen zumuten? Weiß ich nicht. Wenn ich das Gefühl hätte, ich muss – mit der Betonung auf muss! – das noch 20 – mit der Betonung auf 20! – Jahre machen, dann würd' ich mich anders verhalten. Aber so, denk' ich mal, wird das einen ganz soliden Verlauf nehmen.
Russek: Absolut. Wir haben gefühlte 58 Leichen pro Tag im deutschen Fernsehen, und alles versinkt in Gram. Die Kollegen sind alle hervorragend und machen das Beste draus, und wenn da 'ne Leiche liegt, kann man vielleicht wirklich nicht lachen. Aber die Leiche muss ja nicht der Mittelpunkt der Geschichte sein. Bei „Wilsberg“ ist sie das nicht. Die Tat schon, aber nicht die Leiche. Bei uns wird auch nicht aufgeschnitten und nicht im Gedärm gewühlt. Der Pathologe hat bei uns nichts zu tun. Das ergibt die Möglichkeit, die Fälle von der humoristischeren Seite zu betrachten, respektive die komische Seite der Figurenkonstellation immer wieder zu beleuchten. Ich find's erholsam, und offensichtlich geben uns die Zuschauer recht. Man wird ja ununterbrochen auf „Wilsberg“ angesprochen.
Rita Russek und „Die Familiendetektivin“
Seit Mitte der 80er Jahre ist Rita Russek im Fernsehen präsent. Bekannt ist die 1952 in Eschwege geborene Schauspielerin etwa als Partnerin von „Tatort“-Kommissar Bienzle und als Kommissarin Anna Springer in „Wilsberg“. Sie lebt mit ihrem Ehemann, dem Regisseur und Schauspieler Bernd Fischerauer, in München und in ihrem Haus auf der Insel Elba. Rita Russek hat eine Tochter.
Im Zentrum der neuen ZDF-Serie „Die Familiendetektivin“ (samstags um 19.25 Uhr) steht die alleinerziehende Mutter Julie Berg (Elena Uhlig). Sie erbt von ihrem Onkel ein Haus samt Detektei und wagt den beruflichen Neustart. Als Privatermittlerin kümmert sie sich aber ausschließlich ums Zwischenmenschliche. Immer wieder kommt sie Kommissar Conrad Haas (Heikko Deutschmann) in die Quere. Zu Hause hat Julie auch mit der Ex-Lebensgefährtin ihres Onkels zu tun. Maria (Rita Russek) hat sich mit ihrem jungen Lover Robert (Mirko Reseg) bei ihr eingenistet. Text: hele