Geduld ist gefragt bis man sich am Frankonia-Brunnen vorbei zur schmalen Einlasspforte geschlängelt und hineingezwängt hat. Aber dann kann sie beginnen, die Würzburger Residenznacht 2014, zu der mindestens 2000 Menschen (Genaueres war nicht zu erfahren) voll Spannung und freudiger Erwartung pilgern.
Im ausladenden Vestibül, wo dereinst die Pferdekutschen ihre noblen Passagiere absetzten, ist die flache Bühne schon dicht umlagert. Noch bevor Martin Mall den ersten Ball kreiseln lässt, bedauert man seine bescheidene Körperlänge.
Dennoch, den Hals gereckt und verdreht, fasziniert die Kombination von Cellospiel und unglaublichen Jongliereinlagen: Mit einem Ball auf dem Kopf entledigt er sich seiner schwarzen Fliege, spielt mit ihr und dem Ball Seilhüpfen auf dem Kopf und bindet sich das elegante Stück wieder perfekt um! Die Stufen im grandiosen Treppenhaus der Residenz wird man dezent hinaufgeschoben hin zum Kaisersaal – bestuhlt und besetzt.
Immerhin einen seitlichen Stehplatz gesichert, um HFM Brass zu lauschen. Das Blechbläserensemble der Hochschule für Musik Würzburg, zehn Männer und eine Frau, bereiten unter der Leitung von Norbert Daum einen ebenso festlichen wie beschwingten Hörgenuss. Die Komponisten der mit hoher Sensibilität interpretierten Stücke erschließen sich dem Laien nicht. Ein erklärendes Wort wäre nett gewesen.
Wieder nach unten, hat man vom Treppenabsatz aus das Vestibül gut im Blick und staunt über Andalousis Handstandakrobatik mit Figuren, die die Schwerkraft auszuhebeln scheinen. Danach liefert Mr. Dyvinetz mit seinem rasenden Tanz im, über und unter dem „Cyr Wheel“, einem Rhönrad mit nur einem Reifen, ein verblüffendes Beispiel artistischer Hochleistung. Die letzten Rotationen geschwänzt in der Hoffnung, im Ecksaal einen Platz für Anne Klinges hoch gelobtes „Theater mit Hand und Fuß“ zu ergattern. „Halt! Keine Gläser in die Gemäldesammlung!“ Und das mit einem duftigen „Großen Gewächs“ in der Hand, sieben Euro der Schoppen! Schade, dass auch die beiden nächsten Anläufe zu den Hand-und-Fußhelden wegen Überfüllung vergebens sind.
Im Fürstensaal, ebenfalls körperlich eng besetzt, heizen „De Swingers“ ein. Mit Kontrabass, Gitarre und Cajon geht’s in die Sechziger zu Chuck Berry („You never can tell“) und Del Shannons „Runaway“. Gelöste Stimmung auch in den mächtigen Gewölben des Stückfasskellers, wo die Unterbiberger Hofmusik ein integratives Multikulti-Programm der Extraklasse ablässt. Niederbayerische, türkische und indische Tonelemente verschmelzen zu einem ungeahnten Hörerlebnis. Dazwischen mal schnell in den Marmorsaal gehuscht und iranischer Kunstmusik des „Ensemble Didaar“ gelauscht: leise, fremd und wunderschön!
Ausklang im Rotweinkeller: Bei einem leichten Frühburgunder hilft die getragene Klavier-Saxofon-Harmonie von Jr&Friends über das leise Bedauern hinweg, bei diesem Wandertag mit Schlips und Abendkleid nicht alle Highlights des höchst unterhaltsamen Angebots wahrgenommen zu haben.