Christian Elsner (Tenor) und Gerold Huber (Klavier) sind im 4. Meisterkonzert in der Würzburger Hochschule für Musik zu Gast mit einem besonderen Programm: Sie präsentieren eine ungewöhnliche Zusammenstellung zweier Werke von Robert Schumann und Franz Schubert.
Annähernd 30 Jahre lagen zwischen der Komposition der Schubert'schen „Winterreise“ und der Niederschrift der „Geistervariationen“ von Robert Schumann. Dieser befand sich mitten in seiner finalen Lebenskrise. Da notierte er ein Thema, welches ihm, wie er sagte, „die Engel vorsangen“. Kurze Zeit später stürzte er sich in tödlicher Absicht in den Rhein, überlebte und schrieb danach in der Klinik in Endenich fünf Variationen auf dieses Thema, die später sogenannten Geistervariationen Es-Dur WoO 24. Musik also, die seine letzte Lebenszeit begleitete.
Die weitaus bekanntere Reise in den Tod ist Franz Schuberts Liederzyklus „Winterreise“ D 911. Mit einem Kunstgriff verknüpften nun die beiden Interpreten diese „Reisen in den Tod“ – so möchten die Interpreten ihr Programm verstanden wissen. Sie fügen Thema und Variationen in den Liederzyklus nach Gedichten von Wilhelm Müller ein.
Wort und Musik
Hubers weicher und einfühlsamer Anschlag bildete die Grundlage für Wort und Musik. Huber atmete die Lieder mit bis zur letzten Spielfigur im „Leiermann“. Dabei nahm er jede noch so unmerkliche Verzögerung und Beschleunigung Elsners an, setzte markante Lichter, wenn er das Vorspiel bei „Gefrorene Tränen“ mit leichter Hand auf die Tasten tupfte, oder den Zuhörern das Weitergehen in der „Erstarrung“ mit den rasenden Triolen aufzwang.
Elsner lebte jedes einzelne Wort von Wilhelm Müllers Gedichten. Enttäuschung, Trost, Mutlosigkeit und Trotz schwangen mit, färbten seine Stimme. Besonders eindrücklich gestaltete er den Gegensatz zwischen Traum und Realität, zwischen Dur und Moll. Dem Zuhörer wurde klar, dass es die erdrückende Wirklichkeit ist, die den Reisenden dem Ende zutreibt. Die einzelnen Trauminseln schafften es nicht, die Todessehnsucht in Lebensmut umzuwandeln. Nicht immer schaffte Elsner eine stimmliche Leichtigkeit in exponierten Lagen. Doch er überzeugte mit einem farbigen und wandelbaren Grundton.
Leider funktionierte die Versuchsanordnung nicht. Die Verklammerung der beiden Werke ließ sich vor allem nicht musikalisch umsetzen. Die beiden Zyklen – „Winterreise“ wie „Geistervariationen“ – wurden auseinandergerissen, der Spannungsaufbau dadurch unterbrochen. Weniger schmerzte das bei den „Geistervariationen“, deren Einzelteile auch alleine bestehen können. Vielmehr aber störte die Unterbrechung den Liederzyklus. Die Idee einer dem Tod zustrebenden Reise lässt keinen Einhalt zu, sie ist auch so nicht komponiert. Gleichwohl brandete berechtigter großer Applaus für die künstlerische Leistung von Christian Elsner und Gerold Huber auf.