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WÜRZBURG
Rebers setzt Rabbiner auf Minarette
Alice Natter
 |  aktualisiert: 09.03.2015 15:13 Uhr

Er ist der wahre Hassprediger, Entrüstungsdienstleister unter den deutschen Kabarettisten. Keiner, der so gehässig über renitent linke grüne Alleinerziehende, Neonazis, Islamisten, Psychologen herziehen kann wie Andreas Rebers. Keiner, der so lustvoll politisch unkorrekt ist wie er. Keiner, der sein Publikum so respektlos mit Wahrheiten traktiert. Aber was soll man mit einem Land auch anfangen, das Zigeunerschnitzel nur noch Paprikaschnitzel nennt und in dem die grundsätzliche Verabredung gilt, dass man am Weekend in der City zum Shopping geht?

„Rebers muss man mögen“, heißt sein aktuelles Programm. Ein sehr zweideutiger Satz, der vor allem so viel bedeutet wie: Erträgt man den ätzenden Spott des 57-jährigen Münchners, mag man ihn sehr. Und das Publikum im ausverkauften Würzburger Bockshorn ertrug Hassreden und Häme über Dicke, Dünne, Dumme geduldig, betonte den gegensätzlich klingenden Satz auf dem „muss“ und mochte Rebers sehr.

E-Piano und Ziehharmonika

Man sieht's dem Mann, der zwischen E-Piano und Ziehharmonika pendelt und mal redet, mal singt, ja auch nach. Wer in einer schlesischen Ponybraterei groß wurde und als Kind Peter-Alexander-Filme bis zum Ende gucken musste . . . Und so predigt Rebers jetzt als Reverend den Glauben der Bitocken. Da sitzen Rabbiner auf Minaretten und rufen von oben Bimbam. Was wie verschuscht-fröhliches Rumalbern klingt, ist bei Rebers eine Kampfansage an alle Pseudospirituellen, Radikalen und Dogmatiker dieser Welt. Es fing ja schon damit an, dass Eva bereits im Paradies auf dem Veggie Day beharrte und Adams Vorschlag, Rippchen zu grillen, nicht gut fand. Und erlegte nicht Gemüsebauer Kain den Viehzüchter Abel? „Ich glaube bis heute, dass von Menschen, die kein Fleisch essen, größte Gefahr ausgeht.“

Weil Scholl-Latour nicht mehr ist, macht Rebers den Terrorexperten. Regt sich über die Gutmenschen und Moralisten auf, die vier Wochen nach den Anschlägen auf „Charlie Hebdo“ die Opfer zu Tätern machen. Und verteidigt die, die in Dresden mal im Oktober durch die Stadt spaziert sind, ohne was zu kaufen. Bitterböse ist er in diesen Passagen. Warum? „Weil ich's kann.“

Zirkeltraining und Geräteturnen

So wie er früher als Sportlehrer dicke Kinder mit Zirkeltraining und Geräteturnen quälte („Allein dieses Geräusch, Schienbein auf Hartholz“), peinigt Rebers heute mit seinem „Kabarett der radikalen Mitte“ lustvoll alle, die Vorurteile pflegen und immer noch glauben, dass die Welt mit Yoga und grünem Tee besser wird. „Je sorgfältiger Du die Zukunft planst, desto wirkungsvoller trifft Dich der Zufall“, sagt Rebers weise.

Und am späten Ende eines herrlich hass- und hohnerfüllten Abends zeigt er an Klavier und Akkordeon noch mal ausführlich seine poetische Kunst und Virtuosität. Furios! Und: MUSS man mögen.

 
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