Die 30-jährige Münchner Cellistin Raphaela Gromes gehört zu den innovativen Jungstars der Klassikbranche. Mit ihrem langjährigen Klavierpartner Julian Riem hat sie Videos gedreht, lange, bevor das auch in der E-Musik-Branche üblich wurde. Apropos E-Musik: Vor wenigen Jahren noch hätten Puristen ihre Konzertprogramme als unseriös gegolten. Heute zeigen sie, dass das Abschneiden alter Zöpfe durchaus geeignet ist, neues Publikum zu gewinnen. Raphaela Gromes' neues Album "Imagination" (Sony Classical) jedenfalls ist derzeit auf Platz 2 der Klassik-Charts – direkt hinter Superstar Daniil Trifonov. Am 20. November ist sie in der Tauberphilharmonie Weikersheim zu hören.
Raphaela Gromes: Ich glaube, es gibt immer einen Wandel. Der Cellist André Navarra (1911-1988) hat immer erzählt, dass in seiner Jugend viel weniger seriöse Programme gespielt wurden als in seinen späteren Jahren. Also nicht nur eine schwere Sonate nach der anderen, wie ich das noch aus meiner Kindheit kenne, sondern neben Virtuosem auch Leichtes und gelegentlich Selbstkomponiertes. Es kam vor allem darauf an, virtuos und schwungvoll zu enden. Das kam dann irgendwann aus der Mode.
Gromes: In vielen Aspekten trifft das auf jeden Fall zu. Neu ist bei uns tatsächlich, dass wir mehr arrangieren. Das war damals noch nicht gang und gäbe. Ich finde das sehr schön, denn dadurch hat man nochmal eine zusätzliche Farbigkeit.
Gromes: Erstmal sollen sie fürs Publikum interessant sein. Sie sollen berühren und beglücken. Ich versuche, bekannte Stücke mit unbekannten zu kombinieren, von denen ich glaube, dass sie es wert sind, gehört zu werden. Wenn ich also eine Brahms-Sonate spiele, schaue ich, was ich in der Zeit sonst noch finde. Etwa eine Sonate des italienischen Komponisten Giuseppe Martucci. Ich versuche, das Repertoire um neue Schätze zu erweitern.
Gromes: Das Programm orientiert sich an meiner neuen CD "Imagination". Da gibt es neben sehr, sehr eingängigen Werken, die jeder kennt, wie den "Sommernachtstraum" oder Tschaikowskys "Dornröschen"-Walzer, Neuentdeckungen wie Edward MacDowells "Forgotten Fairy Tales" oder Margarete Schweikerts "Märchenstunde". Aber mit der großen Grieg-Sonate in a-Moll ist auch ein echter Klassiker im Programm.
Gromes: Beim Programm "Imagination", das sich ja mit Fantasie beschäftigt, lagen Stücke aus "Star Wars" oder "Herr der Ringe" nahe – den beiden epischen Sagas unserer Zeit. Schauen Sie sich etwa John Williams an, der die Musik zu "Star Wars" oder "Harry Potter" komponiert hat. Das sind nicht einfach nur eingängige Melodien, sondern Werke, die in der Tradition von Strauss, Mahler und Wagner stehen. Da hört man eine unglaubliche Komplexität. Es ist absolut naheliegend, dass diese Musik auch in klassische Konzerthäuser gehört.
Gromes: (lacht) Das zu beurteilen, fühle ich mich nicht in der Lage. Ich mache meine Programme, wie ich sie für richtig halte, und ich finde es schön, wenn andere es anders machen. Die Welt lebt ja auch von Vielfalt.
Gromes: (lacht) Das klingt ja, als würde ich zu den Koalitionsverhandlungen befragt. . . So genau habe ich über diese Frage noch nie nachgedacht, aber die Grenze wäre da, wo ich ein Stück nicht mehr für gute Musik halte. Gute Musik ist immer etwas, das berührt, das aber auch durchdacht ist. Wenn Yo-Yo Ma etwa "Somewhere Over The Rainbow" spielt, geht das zutiefst zu Herzen. Damit kann man Brücken schlagen. Denn darum geht es doch: Menschen in Konzertsäle locken, die zu Klassik noch nicht so viel Zugang haben. Und die dann entdecken, wie viel ihnen das geben kann.
Gromes: Definitiv! Sicherlich gibt es Jüngere, die meine Musik eher über Spotify oder andere Kanäle hören. Aber es gibt auch diejenigen, die zu meinen Auftritten kommen: Neulich habe ich im ZDF-Morgenmagazin gespielt und hatte danach ein Konzert in Bremerhaven. Danach kamen Leute zu mir und haben gesagt: "Wir wussten gar nicht, dass wir klassische Musik mögen. Wir haben Sie im Fernsehen gesehen und uns dann gleich Konzertkarten gekauft."
Das Konzert: Märchenhaftes von Klassik bis Hollywood, Raphaela Gromes (Cello), Julian Riem (Klavier). Samstag, 20. November, 16 Uhr, Tauberphilharmonie Weikersheim. Karten: www.tauberphilharmonie.de oder Tel. (07934) 995 999 9.