Heiße Lippen und blitzendes Messing: Durch ein buntes Programm mit etlichen Weihnachtsliedern und -schlagern bliesen sich am Freitag zehn Musiker der Münchner Philharmoniker plus Drummer unter der quirligen Leitung des Schotten Bob Ross im Congress Centrum Würzburg. Zwei Gründungsmitglieder der Auswahlmannschaft namens Blechschaden sind mit ihren Trompeten noch dabei, nach 34 Jahren. Ross stellte sie vor: „Sie spielen wie ein Vulkan, nicht mehr so feurig, aber spuckend.“
Von Bachs flatternder Toccata in d-Moll bis zum ebenso flott aufgemachten „Rudy the Red Nosed Reindeer“ zickzackte die Mischung von knapp 30 Titeln. In der zweiten Hälfte des Abends überwogen die sehr populären Stücke; vor der Pause lockerte manches weniger Bekannte die Stimmung auf, etwa ein Hornsolo von Tschaikowsky, in einen Glenn-Miller-Swing hineinarrangiert. Aber auch die Hits kamen erfrischend rüber, sei?s der High-Speed-„Libertango“ oder ein psychedelisch langsam zerdehntes „Stille Nacht“. Das söhnte sogar Weihnachtsskeptiker im Saal mit der rotweißen Santa-Claus-Deko der Notenständer aus.
Bob Ross, der ein Meter sechzig kleine Springteufel mit dem Dirigentenstab, legt es oft, aber nicht primär auf Geschwindigkeit an, sondern auf Präzision. Sehr bezeichnend: Als bei einem ruhigen Albinoni-Satz alle Bläser einen Ton eine ganze Note lang hielten, schlug Ross die Viertelnoten in diesen besinnlichen Moment hinein – damit der Dampfer anschließend richtig in der Time bleibt. Bei rasanteren Stücken dagegen läuft der Laden eh, da kann Ross sein Ganzkörperdirigat schon mal ganz einstellen und sich auf seine Mannen verlassen.
Voll besetzt war der große Frankonia-Saal nur in den vorderen sechs Sitzreihen, was überraschte. Denn populär sind derzeit nicht nur die Stimmungskanonen von Blechschaden, sondern das ganze Genre ist es. Kürzlich lud ein bayerischer Musikverband ein zu einem Workshop „Klassik und Opernarien für Posaunenchöre“, und das Seminar war rasch ausgebucht.
Vom mittelmäßigen Zulauf ließen sich Blechschaden und ihr Moderationsclown kein bisschen verdrießen. Einer von zwei Hamburger Auftritten in der Elbphilharmonie Anfang Januar ist längst ausverkauft. Das rechnet sich Ross aber nicht als Verdienst an: „In der Elphi können Sie einfach nur einen Elefanten auf die Bühne stellen, und alle Tickets gehen sofort weg.“ Dann sagte er vier Zugaben an. Die reichten aber nicht, zwei ungeplante musste das Musikerdutzend noch dranhängen.