
Nach einer farbenreich musizierten Eingangssinfonie leitete die Arie "Ombra mai fu", nein nicht von Händel, sondern aus der Oper Serse von Francesco Cavalli einen bemerkenswerten Abend ein. Eben diesem Cavalli, einem der bekanntesten italienischen Opernkomponisten des 17. Jahrhunderts, war beim Kissinger Sommer im sehr gut besuchten Max-Littmann-Saal das Konzert "Barocke Opernkunst" gewidmet.
Das seidenweich und instinktsicher in wechselnden Besetzungen agierende Ensemble Artaserse und der facettenreich singende Countertenor Philippe Jaroussky bereiteten eine anregende, gefühlvolle, gelegentlich humorige Hommage an Cavalli. Auch wenn dieser Komponist seine Wurzeln bei Monteverdi hat, findet er zu einer durchaus eigenständigen Musiksprache, die zu dramatischen Ausbrüchen fähig ist, vor allem aber durch ihre Charakterisierungskunst besticht.
Diese ist es auch, die Jaroussky auszeichnet. Nicht nur, dass er wunderschön singt, sondern dass er Gefühle ausdrückt und Stimmungen malt. Seine Schwelltöne, sein verlöschendes Pianissimo, seine manchmal wie zerbrechliches Glas klingende Stimme und seine atemberaubenden Koloraturen sind nie Selbstzweck, sondern zeigen Schmerzversunkenheit, Kriegslust, Verzweiflung, Träume von Liebesgenüssen, auch die Doppelbödigkeit der Gestalten aus Antike und Mythologie.
Das ungewöhnlich wandlungsfähige Ensemble Artaserse zeigte in der dritten Zugabe mit einem Song aus der "West Side Story", dass auch eine Barockfassung ihren besonderen Reiz haben kann. Standing Ovations.