Peter Maffay ist gut gelaunt, obwohl er jetzt auch schon neun Stunden im Zug sitzt. „Gebt den Leuten doch mal ein Bier“, weist er einen Helfer an und begrüßt die Handvoll Journalisten aus Nordbayern, die soeben in Aschaffenburg in den Intercity (IC) 2229 eingestiegen sind. Der Zug fährt jeden Tag von Kiel bis Nürnberg. Heute hängen zwei Extra-Waggons dran. Für Maffay und Band. Für ein paar ausgewählte Fans – und die Reporter, die auf den Teilstrecken immer wieder wechseln. Es gilt, die neue Tournee „Wenn das so ist“, die im Januar in Hamburg startet, zu bewerben.
Es ist kurz vor 22 Uhr. Der IC, der um 12.38 Uhr in Kiel gestartet ist, hat bereits eine knappe Stunde Verspätung. Die Stimmung an Bord ist trotzdem gut, was nicht nur am Bier liegt. „Rock 'n' Rail“ lautet das Motto, Maffay erinnert es an eine Zugfahrt in den 80er Jahren von München nach Hamburg, damals organisiert von Veranstalter-Legende Fritz Rau. „Aber ohne Musik.“ Damit habe man bislang nur Erfahrung auf Schiffen gesammelt, auf der „Queen Mary“ zum Beispiel. Der Sänger plaudert. Eigentlich fahre er lieber Auto, gesteht er, aber so ein Tag im Zug öffne die Augen, „wie schön Deutschland ist“.
Perspektiven, die sich während einer Tournee so nicht böten. Seit vier Jahrzehnten gibt der 65-Jährige Konzerte. „Weil es Spaß macht, weil die Begeisterung der Fans jedes Mal wieder ein Geschenk ist.“ An Rente denke er jedenfalls noch lange nicht. Maffay ist Profi. Also erläutert er erst einmal sein Tour-Konzept. 18 Großkonzerte in vier Wochen stehen auf dem Programm, darunter Frankfurt und Nürnberg, die meisten Gigs seien „fast ausverkauft“. Im Sommer folgt eine Open-Air-Tour. Geplant sind zehn Auftritte, unter anderem in Bad Mergentheim und Forchheim, „aber ein paar Zusatztermine kommen vermutlich noch dazu“. Spielen will Maffay sein neues Album „Wenn das so ist“, die 16. Nummer-eins-CD in Folge, wie er vermerkt. Dazu gibt's die größten Hits von „Es war Sommer“, bis „Über sieben Brücken musst du gehen“ – und einen Block Klassiker der Rockgeschichte, „von Cream, von Elvis, den Rolling Stones, von Bob Dylan und so . . .“
Maffay wieder die Nummer eins
Endlich aber darf Bianca Voggenauer ran. Die 41-Jährige hat die Fahrt von Aschaffenburg bis Nürnberg bei einem Radiosender gewonnen. Seit über 20 Jahren sei sie „riesengroßer Fan“ von Maffay, erzählt sie, „weil er tolle Musik macht, weil er trotz der Erfolge so normal geblieben ist“. Nein, Allüren kann man dem Sänger nicht vorwerfen. Geduldig schreibt er der Würzburgerin Autogramme aufs mitgebrachte Maffay-Shirt und posiert fürs Foto. Voggenauer stehen Tränen in den Augen. „Ein Traum ist wahr geworden“. Schließlich überreicht sie Maffay noch einen gelben Umschlag. Was drin ist, wollen die Reporter natürlich wissen. „Briefgeheimnis“, antwortet die 41-Jährige leicht verlegen.
Zurück zur Musik. Aktuell ist Peter Maffay wieder die Nummer eins der Hitparaden. Nicht allein, aber er ist dabei beim „Band Aid“-Projekt, der deutschen Version von „Do they know it's christmas“ zugunsten der Ebola-Hilfe. Feingeister des Feuilletons haben den Chorgesang der deutschen Pop- und Rock-Elite als bloße Effekthascherei gebrandmarkt. Maffay, bekannt für sein soziales Engagement, ficht das nicht an. „So eine Diskussion gibt's nur in Deutschland. Wir wollten kein musikalisches Meisterstück abliefern, sondern Geld für die Opfer der Seuche und die Forschung eintreiben.“ Das sei gelungen, die Idee der Initiatoren Bob Geldof und Campino sei „großartig“, er habe gerne mitgemacht.
Mehr Tuchfühlung geht nicht
Bleibt eine politische Frage. Was hält der gebürtige Siebenbürger Sachse Maffay von seinem Landsmann, dem neuen rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis? Es sei ein „ermutigendes Zeichen“, dass die Mehrheit der Wähler sich über die Vorurteile gegen die deutsche Minderheit hinweggesetzt habe. „Iohannis tut Rumänien gut“, ist Maffay überzeugt. Er habe ihn im Rahmen seiner Hilfsprojekte in Siebenbürgen mehrfach getroffen und als integren Politiker kennengelernt.
Jetzt reicht's aber mit dem Gerede. 22.30 Uhr ist's, als der Intercity Würzburg-Hauptbahnhof erreicht. Sieben Interview-Runden mit insgesamt 90 Journalisten hat der Deutschrocker bis dato durchgestanden. Nun aber ist ein letztes Mal Livemusik angesagt, im Waggon nebenan, auf drei mal drei Metern Bühne. Im Publikum eng an eng ein halbes Dutzend Journalisten, ein paar Leute von der Crew, knapp 30 Fans und drei, vier „normale“ IC-Fahrgäste, die die Neugier in den sitzplatzfreien Wagen gelockt hat. Mehr Tuchfühlung geht nicht. Der Zug nimmt noch einmal Fahrt auf, die Session auch. Zuerst Songs aus dem neuen Album, allen voran der Hit „Wenn der Himmel weint“ und eine Coverversion von Dylans „Gelobtes Land“. Rockballaden wie man sie von Maffay kennt, solider Gitarrensound, die Texte gern auch mal etwas schwülstig.
Beeindruckend die Spielfreude der Jungs. Es ist der siebte Auftritt seit Mittag, aber jetzt, kurz vor dem Ziel, legt die Band noch mal richtig los. Der Chef hat die Lederjacke ausgezogen, die Stimme klingt schon etwas angeraut. Macht aber gar nichts. Maffay und Co. rocken die Bahn, die mit Tempo 200 durchs Frankenland rauscht. Aus den angekündigten 20 Minuten Konzert werden schließlich über 50, am Ende die Hits „Sommer in der Nacht“, „Eiszeit“ und „Halt Dich an mir fest“.
Die Zuhörer gehen mit, Journalisten verlieren die Distanz, tanzen und wippen, während sie ihre Smartphones auf die Bühne richten. Mittendrin Bianca Voggenauer. Jede Zeile singt sie mit. „Unglaublich, dieser Abend“, strahlt sie. Ganz hinten im Waggon haben sich derweil die Zugbegleiter aufgestellt. Maffay live zum Feierabend, das haben sie auch nicht alle Tage. Um 23.18 Uhr fährt der IC 2229 in Nürnberg ein. Endstation einer ungewöhnlichen Zugfahrt.
Konzerte mit Peter Maffay
Die aktuelle Deutschland-Tournee „Wenn das so ist“ beginnt im Januar. Sie führt Peter Maffay und seine Band unter anderem am Dienstag, 20., und Mittwoch, 21. Januar, nach Frankfurt in die Festhalle. Am Dienstag, 3. Februar, gastiert Maffay in der Arena Nürnberg. Open Airs spielt er im Sommer unter anderem am Samstag, 13. Juni, im Schlosspark in Bad Mergentheim sowie am Samstag, 20. Juni, auf dem Jahn-Gelände in Forchheim.
Karten gibt es im Vorverkauf im Internet unter www.ticketmaster.de oder www.maffay.de sowie telefonisch unter Tel. (0 18 06) 9 99 00 00.