„Mehr Literatur, weniger Events.“ Die Buchmesse will sich wieder mehr um Inhalte kümmern, sagt Direktor Juergen Boos. Auf der weltgrößten Bücherschau, die am 13. Oktober eröffnet wird, sollen Autoren und Themen im Mittelpunkt stehen. Die Veranstalter rechnen bis zum 18. Oktober mit rund 300 000 Besuchern.
Boos verspricht „die politischste Messe seit langem“. Flucht und Vertreibung, Meinungsfreiheit und Extremismus prägen viele der rund 4000 Veranstaltungen. Flüchtlinge haben freien Eintritt, die Messe hat für sie an den Besuchertagen kostenlose Tickets reserviert. Sie werden mit muttersprachlichen „Paten“ über die Messe geführt. Knapp 7200 Aussteller haben sich angemeldet, etwa so viele wie im Vorjahr. Auch Verlage aus Krisengebieten sind darunter, sogar aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Osteuropa ist so stark vertreten wie lange nicht. Mehr Verlage kommen auch aus Lateinamerika und Südostasien. „Die Messe wird immer internationaler“, sagt Buchmessen-Sprecherin Katja Böhne. Inzwischen ist das Verhältnis 34 zu 66 Prozent zugunsten des Auslands.
Iran hat seine geplante Teilnahme wegen der Anwesenheit des britischen Schriftstellers Salman Rushdie abgesagt. Rushdie sei wegen seiner „Islam-beleidigenden Bücher“ in der islamischen Welt verhasst, teilte das Kultusministerium in einer von iranischen Medien am Donnerstag veröffentlichten Presseerklärung mit. Auch sein neues Buch richte sich indirekt gegen religiöse Werte und Überzeugungen, so das Kultusministerium. Der Schweizer Diogenes-Verlag hat erstmals keinen Stand. Als Grund nannte das Haus bei der Absage wirtschaftliche Gründe. Diogenes vertritt unter anderem Ian McEwan, Martin Suter und Ingrid Noll.
Das große Stühlerücken
Frankfurt trägt die Absage mit Fassung: Insgesamt kämen sogar mehr Verlage aus der Schweiz. Außerdem sei Diogenes „natürlich“ auf der Messe, zum Beispiel im Agenten-Zentrum, wo an inzwischen 460 Tischen Rechte gehandelt werden. Ehrengast ist Indonesien(siehe auch Artikel unten). Auf dem Messegelände gab es ein großes Stühlerücken. Die abseits gelegene Halle 8, in der die englischsprachigen Verlage untergebracht waren, wird aufgegeben.
Die Aussteller ziehen in zwei neue Ebenen der Halle 6 und mischen sich ansonsten – je nach ihrer thematischen Ausrichtung – unter die anderen Verlage. Damit wird die Gesamtfläche der Messe kleiner, man habe aber mehr Ausstellungsfläche verkauft, sagt Boos. Folge: Es wird enger.
Die Verlage neu zu arrangieren, war nicht einfach, lässt Boos durchblicken. „Wir haben elf Monate lang Domino gespielt.“ Er habe sogar in einigen Länder-Ministerien vorstellig werden müssen, um zu begründen, warum das eine Land eine Ebene über dem anderen angesiedelt wurde. „Alle wollen oben sein.“ Das Thema Digitalisierung sei für Verlage und Buchhändler „durch“, sagt Boos. E-Books, Marketing in sozialen Medien – all das sei inzwischen Realität in deutschen Verlagen und Buchhandlungen. Als „Spielwiese“ für Netzwerker, Blogger und die mediale Avantgarde wird ein neuer „Organism-Space“ eingerichtet.
Nach den Manga- und Comicfans versucht die Messe, eine neue Community an sich zu binden: Früher hätte man Heimwerker und Handarbeiter gesagt, neudeutsch heißt das Crafter. In Zusammenarbeit mit der Online-Plattform Dawanda will die Messe Kunsthandwerkern ein Forum bieten. Böhne erklärt, was das Ganze mit Lesen zu tun hat: Ihre Produkte würden häufig über Blogger bekannt, die Crafter oft zu erfolgreichen Sachbuchautoren: „Häkelbücher werden zu Bestsellern.“
Die Frankfurter Buchmesse
Wann? Eröffnung 13. Oktober, Messezeiten 14. bis 18. Oktober. Für wen? Fachbesucher 14. bis 16., Publikumstage 17. und 18. Oktober. Wie viel? Tageskarte am Wochenende 18 Euro. Wo? Eingang über Messe/Torhaus (S-Bahn) oder Festhalle/Messe (U-Bahn). Was? Weltgrößte Bücherschau mit rund 7200 Ausstellern und ca. 4000 Veranstaltungen. Geöffnet? Jeweils 9 bis 18.30 Uhr (Sonntag nur bis 17.30 Uhr) Rekord? 4000 Bücher sollen beim Bücher-Domino nacheinander fallen, mehr als doppelt so viele wie beim bisherigen Weltrekord.