Welch Glück, dass die Tour, die Olli Schulz in diesen Sommertagen durch die Festivalrepublik macht, auch nach Würzburg führte, an den Alten Hafen. Denn das aufgeblasene Einhorn, das mitreist und meist während des Konzerts ein Bad in der Menge nimmt, konnte endlich seinen eigentlichen Zweck erfüllen: Im Wasser treiben und ein bisschen herumschwimmen, mit zwei Einhornreitern auf dem Rücken.
Verkupplung im Hafenbecken
In Karlsruhe hatte sich Schulz im Einhorn selbst durchs Publikum tragen lassen, in Jena schickte er damit seine Merchandising-Frau durch die Reihen. In Würzburg hat er „Bock, heute Abend jemand zu verkuppeln“. Also, ihr Singles auf den voll besetzten, weil ausverkauften Betonstufen vor der schwimmenden Bühne, Hände nach oben! Dann sind zwei gefunden, das Einhorn wird ins Wasser gelassen und die beiden – „ey, ihr seht so süß auf“ – dürfen den nächsten Song vom Mainwasser aus verfolgen. „Ich find's mega“, jubelt Olli Schulz. Und singt – „Ihr seht fantastisch aus, ich wünsch' Euch eine glorreiche Zeit“ – für alle, die nicht mehr an die Liebe glauben sein „Wenn es gut ist, wird es schön sein“.
Olli Schulz? Kurzer Einschub für alle, die ihn anders als die vielen Jungen und Jungbleibenden an diesem Montagabend beim Hafensommer, nicht kennen, weil sie vielleicht kein ZDFneo und nie ProSieben gucken und keine Podcasts hören: gebürtiger Hamburger, Singer-Songwriter, Schauspieler, Moderator. Und bekannt geworden als Gitarrist der Indie-Rock-Gruppe „Olli Schulz und der Hund Marie“, vor allem aber als Handlanger und Nebenfigur bei Joko und Klaas im „Circus HalliGalli“ und als Talker an der Seite von Jan Böhmermann.
Von geil bis Scheiße . . .
Kurz gesagt: Olli Schulz ist ein doller Geschichtenerzähler und gerade wieder als Musiker unterwegs. „Ich kann nicht so gut Gitarre spielen, dass alle weinen“, sagt er zwar. Aber auch, dass Musik verdammt viel Kraft hat und gibt. Und: „Man hat dieses Talent, scheiße zu labern, nicht umsonst bekommen.“ Früher hätten die Leute in seiner WG, die zufällig im Wohnzimmer saßen, diesem Gelaber zuhören müssen. Jetzt tut das ein aufmerksames, gut gelauntes Publikum. Was der 44-Jährige auch sagt: „Quote, das ist nicht meine Welt. Das nervt total.“ Wenn's nur noch um Klickzahlen geht . . . da schüttelt's den 44-Jährigen: „Ich hab' Angst, dass Kinder in eine Welt fallen, wo es nur noch geil und scheiße gibt und keine Zwischentöne mehr.“
. . . ein Mann für die Zwischentöne
Und Zwischentöne, die sind genau sein Ding. Hier mega der Quatschkopf und Witze-Onkel, da ernsthafter, auch mal melancholischer Musiker mit Botschaft – beide erzählen vom Leben. Aber der auf der Bühne, der für gute Laune sorgt und sei's mit einem Einhorn, der erzählt von dem, was wirklich wichtig ist dabei.
Und damit das ziemlich textsichere Publikum zwar nicht weint, aber sich an guter Musik erfreut, hat Olli Schulz eine feine Band mitgebracht. In der spielt zum Beispiel Bassistin Isa Poppensieker, die gerade Geburtstag hat und deshalb ein 1000-kehliges „Häppy Birthday“ mit Betonung auf dem „ä“ gesungen bekommt. Oder Max Schröder, also „Der Hund Marie“, mit dem Schulz als Duo unterwegs war. Jedenfalls sind die Musiker zu allem bereit – zu ein paar leisen Momenten, aber vor allem kräftiger Gute-Laune-Vollgas-Musik.
„Ich find's mega!“ – Das Publikum auch
„Ey, es macht voll Spaß“, sagt Olli Schulz irgendwann zur Fernsehgartenstimmung, rennt singend „Tony-Marshall-mäßig“ durch die Publikumsreihen und wirft mit seinem Kabelträger nebenbei noch das Mikro hin und her und hin und her . . . Irgendwann, upps, ist nach vielen schönen Liedern der Abend vorbei. Aber die prompten „Zugabe, Zugabe“-Rufe helfen dann doch. Mega! Nur das Einhorn, das steht jetzt schon wieder getrocknet am Bühnenrand. Allein.