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Rottendorf
Olaf Schubert, der Welterklärer: "Als Experte reiche ich aus"
Es sei jemand, der "dummerweise" seinen Beruf liebe, sagt er. Insofern ist es Olaf Schubert sehr schwergefallen, nicht auf die Bühne zu dürfen. Aber das ändert sich jetzt.
Rebell im Pullunder: Olaf Schubert gastiert auf Gut Wöllried.
Foto: Amac Garbe | Rebell im Pullunder: Olaf Schubert gastiert auf Gut Wöllried.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 27.04.2023 11:22 Uhr

Olaf Schubert ist dem breiten Publikum wohl vor allem als Welterklärer und Ossi-Versteher der satirischen Nachrichtensendung "heute show" bekannt. Der Dresdner Comedian, Jahrgang 1967, heißt mit bürgerlichem Namen Michael Haubold, behauptet aber, an ihm als Privatperson sei absolut niemand interessiert. Am 21. Juli gastiert er mit seinem Programm "Zeit für Rebellen" bei den Kulturtagen auf Gut Wöllried bei Rottendorf (Lkr. Würzburg).

Herr Schubert, Sie firmieren auf Ihrer Homepage als "Betroffenheitslyriker". Wovon sind Sie im Moment denn am meisten betroffen? 

Olaf Schubert: Die zentralste Betroffenheit betrifft ja momentan alle: Das ist sicher das – wie sagt man so schön? – Infektionsgeschehen. Die Virulenz der Tuberkel und Bazillen und Viren, die das Leben für alle gleichermaßen beeinträchtigen.

Wie gehen Sie damit um? Es gibt ja das ganze Spektrum von totaler Leugnung bis überhaupt nicht mehr vor die Türe gehen.

Schubert: Ich glaube, wie fast alle anderen auch. Man hofft, dass es irgendwann vorbeigeht. Ich habe eine Strategie zwischen völligem Ignorieren und mich intensiv damit beschäftigen. Das wechselt wochenweise, manchmal auch tageweise. Momentan interessiert's mich gar nicht. Vielleicht in drei Tagen wieder ganz intensiv.

"Ich habe eine Strategie zwischen völligem Ignorieren und mich intensiv damit beschäftigen."
Olaf Schubert über seinen Umgang mit Corona-Nachrichten
Wie sehr hat Ihnen das Auftreten live gefehlt?

Schubert: Das schon ziemlich dolle. Denn das ist ja quasi mein Beruf, und da mir mein Beruf dummerweise Spaß macht, ist das ein Knick in der Lebensqualitätsparabel.

Derzeit hört man oft, dass es prominente Ostdeutsche seien, die sich mit als rechts gedeuteten Äußerungen zu Wort melden. Uwe Tellkamp oder Neo Rauch etwa. Ein Rostocker Professor sagt, das sei eine Spätfolge der Wiedervereinigung. Wie sehen Sie das?

Schubert: Das ist ja eine hochkomplexe Frage. Wenn sich dazu sogar schon Professoren geäußert haben... Man kann unterscheiden in Ost und West, in arm und reich, in renitent und friedfertig. Aber egal, wo jemand herkommt, bin ich dafür, dass jeder das, was er denkt, sagen darf, kann, will, muss. Und dann muss man halt mit den Reaktionen rechnen, das ist in meinem Beruf nicht anders. "Spätfolgen" – ich weiß nicht... Das wendet man ja auch bei Reaktorunfällen an. Oder bei schwerwiegenden Operationen. Die Wende würde ich ja für etwas Positives halten. Wenn es also eine Spätfolge ist, dann ist das in jedem Fall eine verkraftbare.

Olaf Schubert 2018 in der Posthalle Würzburg
Foto: Daniel Peter | Olaf Schubert 2018 in der Posthalle Würzburg
Sie haben das Thema "was man sagen kann" gerade angesprochen: Sie balancieren ganz gerne auch am Rande des Tabubruchs entlang. Ist das in den letzten zwei, drei Jahren schwerer geworden?

Schubert: Für mich eigentlich nicht, aber die allgemeine Aufregung, die entstehen kann, ist größer geworden. Aber das sollte ja den Macher trotzdem nicht steuern. Das dürfte ihn nur peripher tangieren, sonst hat man immer so eine Selbstzensur auf der Netzhaut oder auf der Hypophyse. Dann wird das für alle langweilig. Für den Kunstschaffenden und für die Zuschauenden ja auch.

Also keine Angst vor Cancel Culture?

Schubert: Nein. Ich habe schon davon gehört, aber es gibt ja auch andere Sachen, die doof sind. Und vor denen sollte man sich ja trotzdem auch nicht fürchten.

Stichwort Kritk von Rechts – werden Sie in Ihrer Heimat Dresden eigentlich als Nestbeschmutzer empfunden?

Schubert: Falls da irgendwann mal was im Netz gewesen sein sollte, habe ich davon nichts mitgekriegt. Ansonsten begegnen mir die Leute mit ausgesuchter Freundlichkeit.

"Gerade in der pandemischen Zeit wurden ja viele neue Vokabeln auf uns herabgegöbelt."
Olaf Schubert über die Inspirationsquelle Corona
In der "heute show" sind Sie ein gefragter Weltversteher und Welterklärer. Bräuchten wir nicht mehr Experten wie Sie?

Schubert: Nein! Ich glaube, das wäre furchtbar. Zu viele Experten sind wie zu viele Köche... Als Experte reiche ich aus, würde ich sagen.

Es gibt einige Comedians, die stark hinter ihrer Kunstfigur verschwinden und sogar Prozesse anstrengen, wenn sie als Privatperson fotografiert werden. Wie groß ist die Neugier am privaten Olaf Schubert?

Schubert: Das hält sich in Grenzen. Alle, die länger als 30 Sekunden mit mir reden, merken: Ogottogott, der ist ja völlig langweilig, und wenden sich ab.

Das heißt, Sie sind nur auf der Bühne interessant?

Schubert: Wenn überhaupt – nur dort.

Sie praktizieren ja die hohe Kunst des permanent anders Abbiegens, als man erwartet. Ist das angeboren, oder kann man sich das erarbeiten?

Schubert: Ich sehe die Tätigkeit auf der Bühne ja nie als Arbeit oder Belastung. Das entspricht mir insgesamt sehr. Ich muss da keine zerebralen Zustände veranstalten, um das zu erzählen, was ich auf der Bühne tue.

Das heißt, es ploppen für Sie auch im Alltag dauernd sprachliche Mehrdeutigkeiten auf?

Schubert: Ja, und gerade in der pandemischen Zeit wurden ja viele neue Vokabeln auf uns herabgegöbelt. Das hat schon für Freude und gelegentliche Verwunderung und Unbill gesorgt. So schöne Begriffe wie die Durchseuchung, die mittlerweile alle kennen. 

Als Sie im Lockdown saßen und Ihnen all die Begriffe und Verlautbarungen entgegenkamen, war es da schwer, nicht sofort auf eine Bühne gehen zu können, um das alles zu verarbeiten?

Schubert: Ja, natürlich. Es gab eine Zeit, in der jeder ein bisschen was probiert hat. Mit Streaming und Autokino. Aber das hat mir alles nicht so richtig entsprochen. Insofern hieß es einfach machen, was geht, also ein bisschen Fernsehen, und warten, bis man wieder live kann. Das ist das, was mir am meisten Spaß macht. Und den Leuten wird schon wieder bewusst werden, dass es was anderes ist, wenn man etwas gemeinsam erlebt und sich darüber amüsieren kann, als wenn man immer nur vor so einem Laptop sitzt und sich zwingen muss, dass man nicht woanders hin surft.

Kulturtage auf Gut Wöllried - Biergarten meets Kabarett & Musik, 19. Juli bis 9. August. Einlass zum Biergartenbetrieb 17.30 Uhr, Vorstellungsbeginn 19.30 Uhr. Karten sind unter www.eventim.de als Print@home-Karten oder per Postversand erhältlich und unter Tel. (01806) 570070.

 
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