Normalerweise gilt der Rhythmusgitarrist als der Typ am dunklen Ende der Bühne, der niemals was sagt, in Interviews langweilt und nur dazu da ist, dem Leadgitarristen die Vorlage fürs nächste fetzige Solo zu liefern. Doch dieses Bild würde Malcolm Young und seiner Rolle als Gründer und als musikalischer Anker der Hardrockband AC/DC niemals gerecht werden.
Bevor er die Band vor drei Jahren nach 41 Jahren wegen einer Demenzerkrankung verlassen musste, gab er AC/DCs unerbittlichen Herzschlag und ihre eiserne Wucht vor. Er gilt als einer der besten Rhythmusgitarristen der Welt und hat Dutzende von Hardrockern wie James Hetfield von Metallica und Izzy Stradlin (Guns N' Roses) beeinflusst. Am Samstag teilte die Band mit, dass Malcolm Young gestorben ist. Der Musiker wurde 64 Jahre alt. Er hinterlässt seine Ehefrau Linda und zwei Kinder.
Aus Schottland nach Australien
Mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Angus gründete er 1973 die legendäre Hardrockband AC/DC in Sydney, Australien. Malcolm war am 6. Januar 1953 im schottischen Glasgow geboren worden, die Familie wanderte aus, als er zehn war. Der junge Malcolm bekam seine 1963 Gretsch Jet Firebird Gitarre geschenkt, der Rest ist Geschichte. Die Band mit dem Kultsong „Highway to Hell“ verkaufte mehr als 200 Millionen Platten weltweit. Und die Kritiker streiten sich nur noch, auf welchem der vorderen Plätze AC/DC auf den diversen Listen stehen: Von Greatest Hard Rock Artists über Greatest Heavy Metal Bands bis hin zu Greatest Artists of All Time.
Gesundheitlich ging es Young schon seit langem nicht gut. Erst wurde er erfolgreich wegen Lungenkrebs behandelt, dann war es das Herz. Sänger Brian Johnson beschrieb, wie Malcolm seine Hand nahm und sich immer wieder auf die Brust schlug, um ihm sein neues „Spielzeug“ zu demonstrieren: „'Herzschrittmacher. Saugut, Kumpel'. Wir haben uns vor Angst fast in die Hose gemacht.“
An Demenz erkrankt
Im April 2014 gab die Band bekannt, dass Malcolm nur eine Pause wegen seines Gesundheitszustandes machen und AC/DC das Album „Rock or Bust“ ohne ihn aufnehmen würde. Gerüchte hatte es schon länger gegeben, einige Monate später vertraute Angus Young dem Musikmagazin Rolling Stone an, dass sein zwei Jahre älterer Bruder schon vor dem 2008er AC/DC-Album „Black Ice“ an Gedächtnislücken und Konzentrationsschwäche gelitten hatte.
„Ich fragte ihn, hältst Du das durch, was wir hier machen? Und ersagte: Scheiße, ja.“ Malcolm habe gerne beendete, was er angefangen hatte. Obwohl der Gitarrist viele Dinge neu lernen musste – einschließlich Riffs, die er selbst für AC/DCs erfolgreichste Songs erfunden hatte. „Was für ihn sehr seltsam war. Aber er war immer ein zuversichtlicher Kerl, und wir haben es geschafft.“
Im Herbst 2014 wurde klar, dass Malcolm nicht zurückkehren würde – da wurde er schon in einem australischen Pflegeheim behandelt. Bei der Aufnahme von „Rock or Bust“ und auf der folgenden Welttournee wurde er von seinem Neffen Stevie Young ersetzt, der 1988 für ihn schon eingesprungen war, als Malcom Young eine alkoholbedingte Pause einlegte.
Die Demenz-Diagnose traf die Band schwer, sagte Sänger Brian Johnson dem britischen „Telegraph“, doch es sei klar gewesen, dass AC/DC weiter auf der Bühne stehen würde: „Bevor ihn die Demenz wirklich mitgenommen hatte, meinte er zu uns: 'Geht einfach raus und macht Musik, Jungs, noch einmal, nur für mich'.“
Rockmusiker trauern
Erst vor wenigen Wochen war der ältere Bruder der beiden AC/DC-Gründer, George Young gestorben. Er galt als Mentor der Band. Ozzy Osbourne, Eddie Van Halen, Paul Stanley, alle Großen der Rockmusik würdigten am Wochenende Malcolm Young. „Es ist ein trauriger Tag für den Rock and Roll“, schrieb US-Gitarrist Eddie Van Halen per Twitter. Kiss-Frontmann Paul Stanley würdigte Young als „einen der wirklich Großen“. Metallica-Gitarrist Kirk Hammett bezeichnete ihn als „legendär“.
Malcolms jüngerer Bruder und AC/DC-Leadgitarrist Angus hatte den Gitarristen bereits auf der Band-Webseite gewürdigt: „Als sein Bruder ist es schwer für mich, in Worten auszudrücken, was er für mich bedeutet hat in meinem Leben. Die Verbindung zwischen uns war einzigartig und ganz besonders.“ Malcom sei mit enormer Hingabe die „treibende Kraft hinter der Band“ gewesen.