Was wäre, wenn . . . Diese Frage beschäftigt einen Frankfurter Rechtsanwalt viele Jahre seines Lebens. Kurz nach seinem Jura–Examen betreut er einen etwas anderen Fall – den Konflikt eines Malers mit einem Kunstbesitzer. Gegenstand des Streits ist nicht nur das Bild „Die Frau auf der Treppe“. Auch die Gemalte selbst, Irene, in die beide Männer verliebt sind, wird umkämpft, denn ihrem Charme erliegt auch der junge Anwalt. Er heckt mit ihr einen Plan aus, um das Bild zu stehlen und in eine gemeinsame Zukunft zu starten. Sein Traum verpufft jäh. Irene lässt ihn zurück, startet allein in ein neues Leben.
Viele Jahre später entdeckt der Anwalt in einer Galerie im australischen Sydney das Bild wieder. Er begibt sich auf die Suche nach Irene und findet sie. Sie lebt down-under in einem alten Haus in einer abgelegenen Bucht. Irene und der Rechtsanwalt verbringen 14 gemeinsame Tage, 14 Tage, in denen er unbeabsichtigt gezwungen wird, die Vergangenheit und sein eigenes Leben zu hinterfragen, 14 Tage, in denen er eine Idee davon bekommt, wie die Antwort auf die Frage „Was wäre, wenn . . .“ wohl lautet.
Häufig im Zwiespalt
„Die Frau Auf der Treppe“ ist das neueste Werk des deutschen Autors Bernhard Schlink. Zu den größten Erfolgen des Schriftstellers gehören der 1995 erschienene Roman „Der Vorleser“, der mit Kate Winslet, David Kross und Ralph Fiennes in den Hauptrollen auch erfolgreich verfilmt wurde, und die „Selbs“-Trilogie („Selbs Justiz“, Selbs Betrug“, „Selbs Mord“) um den Privatdetektiv Gerhard Selb.
Schlinks neues Werk ist ein sehr einfühlsames, zugleich auch aufrüttelndes Buch. Aus der Perspektive des Rechtsanwalts, der Stück für Stück beginnt, seine eigene Lebensgeschichte zu hinterfragen, schildert Schlink die Geschehnisse.
Und der Leser befindet sich dabei häufig im Zwiespalt. Auf der einen Seite ergreift ihn Mitleid angesichts der selbst gesetzten Grenzen, in denen sich die Hauptfigur bewegt. Andererseits ist da der Ärger, weil der Anwalt es nicht schafft, die Grenzen zu übertreten, und stattdessen in Lethargie verhaart.
Bernhard Schlink: Die Frau auf der Treppe (Diogenes, 244 Seiten, 21,90 Euro)