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WÜRZBURG
Neuer Roman: Schätzing jagt durch Israels Geschichte
rmi
 |  aktualisiert: 05.03.2014 17:58 Uhr

Frank Schätzing, 56, saß vor drei Jahren mit Freunden zusammen, man sprach über Israel und die arabischen Länder. Wieso kriegen die das nicht geregelt? Er sagte in die Runde: „Der Letzte, dem ich eine Lösung zugetraut hätte, wäre Ariel Scharon gewesen, doch im entscheidenden Moment hatte er diese Hirnblutung.“ Und plötzlich wusste er: „Klar. Das war ein Anschlag.“

Schätzing beschaffte sich Dutzende Nachschlagewerke, las und vertiefte sich in zahlreiche Quellen. Dann hatte er nach dem Ökodrama „Der Schwarm“ (2004) und dem Zukunftsroman „Limit“ (2009) ein ganz irdisches Thema. Sein Buch ist soeben mit 500 000 Exemplaren in den Handel gelangt. Der Politthriller „Breaking News“ erzählt von der Geschichte des Staates Israel, mit Abstechern nach Afghanistan, Libyen und Syrien.

Schätzings Hauptfigur, Tom Hagen, ist Journalist für ein Hamburger Nachrichtenmagazin. Er kommt einer Verschwörung im israelischen Geheimdienstmilieu auf die Spur, „der dickste Hund seit John F. Kennedy“. Zweite Hauptfigur ist Ariel Scharon, ein bedeutender und vielfach gehasster Militär in den Kriegen Israels, berüchtigt durch seine umstrittene Siedlungspolitik und die Massaker in Sabra und Schatila, die auf seine Anweisung zurückgehen.

Kaltblütiger Kriegsreporter

Scharons Vorfahren kamen aus Weißrussland nach Palästina, lange vor Gründung des jüdischen Staates. Er war einer von denen, die schworen, das Land der Juden nie wieder herzugeben. Ausgerechnet dieser Hardliner, der rabiateste Ministerpräsident, den Israel je hatte, verhandelte 2006 mit den Palästinensern über den Abzug seiner Streitkräfte aus dem Gazastreifen, ein enormes Zugeständnis. „Ist Arik am Ende religiös geworden?“, heißt es im Buch. Doch plötzlich erlitt er einen Schlaganfall und fiel ins Koma, aus dem er bis 2014 nicht mehr erwachte. Im Januar starb er.

Tom Hagen ist einer der kaltblütigen Kriegsreporter, zynisch, rücksichtslos. Er bringt aus Sensationslust einen Bundeswehreinsatz in Afghanistan in Gefahr. Zur Strafe schickt ihn sein Chefredakteur nach Libyen auf Gaddafi-Suche. Er erlebt den Tod des Diktators mit, sein Auftrag ist beendet. Hagen geht 2012 nach Tel Aviv – und gerät in eine Familiengeschichte über vier Generationen, zu der neben der Familie Kahn, 1929 aus Berlin emigriert, auch die Familie Scharon gehört. Es ist die Geschichte der Aufbaugeneration aus Emigranten.

Aber Schätzing geht nicht in die komplexe Tiefe israelischer Gemengelage. Stattdessen gerät Tom Hagen an eine Agentin des Inlandgeheimdienstes Schin Bet und hat mit ihr eine Affäre. Er jagt durchs Land, trifft grundverschiedene Menschen und Ansichten – und ist nie parteiisch. Schätzing will weniger informieren als unterhalten. Er jagt, ja peitscht seine Leser durch die jüdische Historie, für die Geschichte der Palästinenser bringt er weniger Interesse auf. Schätzing hat sich in „Breaking News“ am Thema überhoben.

Frank Schätzing: Breaking News (Kiepenheuer & Witsch, 976 Seiten, 26,99 Euro)

 
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