zurück
Neuer Domkapellmeister: Ein Glückspilz im Paradies
Christian Schmid: Der 35-jährige Stuttgarter ist Würzburgs neuer Domkapellmeister – und damit der oberste Kirchenmusiker des Bistums. Mit seiner neuen Heimat hat er sich bereits angefreundet.
Von unserer Mitarbeiterin Martina Häring
 |  aktualisiert: 27.09.2013 17:34 Uhr

Mit 500 Sängerinnen und Sängern in vier Ensembles ist die Würzburger Dommusik eine der bedeutendsten und lebendigsten in Deutschland. Nach Martin Bergers Abschied gen Südafrika hat sie nun mit dem Stuttgarter Christian Schmid erneut einen jungen und ambitionierten Domkapellmeister bekommen. Am 1. September hat der 35-Jährige sein Büro in der Theaterstraße 16 bezogen. Er freut sich auf die Arbeit mit kleinen und großen Chorsängern.

Eigentlich hatte Christian Schmid gar nicht vor, seiner Geburtsstadt Stuttgart den Rücken zu kehren. Seit 2007 war er dort Domkantor am Dom Sankt Eberhard. Auch durch seine Hochschultätigkeit – er lehrt Chordirigieren an der Staatlichen Hochschule für Musik in Stuttgart – fühlte er sich ausgefüllt. „In Stuttgart war eigentlich alles gut“, sagt Schmid. Doch dann kam im Januar 2013 eine E-Mail seines Kollegen Martin Berger. Der hatte sich entschieden, zum April die Würzburger Dommusik zugunsten eines Lehrauftrages an der University of Stellenbosch in Südafrika zu verlassen. „Das kam sehr überraschend“, so Schmid, der sich diese Chance letztendlich nicht entgehen lassen wollte. „Das hätte ich später womöglich bereut.“

Dass seine Bewerbung in Würzburg erfolgreich war, erfuhr er Anfang Mai. Inzwischen hat er für sich und seine Familie – Schmid ist verheiratet und Vater eines eineinhalbjährigen Sohnes – ein Häuschen in Veitshöchheim gefunden. Sein erster Eindruck von Würzburg? „Ein Idyll!“ Das gut ausgestattete Büro der Dommusik sei „ein kleines Paradies“ für ihn. „Stuttgart ist katholisch nicht so tief verwurzelt. Die Würzburger dagegen wissen, wo ihr Dom ist“, so Schmid. Auch der erste Kontakt zu den Chören sei prima gewesen. „Ich bin toll aufgenommen worden, hatte das Gefühl, dass mir hier ein roter Teppich ausgerollt wird.“ Neben den Domsingknaben, mit denen er schon drei Tage auswärts zum Proben verbracht hat, wird er in Würzburg auch den Dom- und den Kammerchor sowie die Choralschola leiten. Die Vielfältigkeit ist es gerade, was Schmid an seinem Beruf so viel Spaß macht: „Den Fünfjährigen muss man die einfachsten Lieder beibringen. Bei einem Kammerchor geht das dann schon ins Semiprofessionelle.“

Schmid selbst stammt aus einem musikalischen Elternhaus. Die Mutter Sängerin und Stimmbildnerin, der Vater Rektor der Hochschule für Kirchenmusik in Rottenburg bei Stuttgart, wächst er mit geistlicher Musik auf: „Die kirchenmusikalische Prägung war bei mir programmiert.“ Seine Kindheit und Jugend verbringt er in Rottenburg am Neckar, das, obwohl nur 40 000 Einwohner zählend, eine bedeutende Dommusik vorzuweisen hat. Schon als Kind ist er mit auf der Empore, wenn der Vater Orgel spielt. Mit fünf Jahren geht es dann in den Knabenchor. Das prägt ihn nicht nur stimmlich und musikalisch, sondern bringt ihm auch die Liturgie näher. Sonntags auf das Ausschlafen zu verzichten, fällt dem Heranwachsenden nicht immer leicht. Aber im Nachhinein ist er dann froh, von den Eltern motiviert worden zu sein.

Relativ spät, mit 16, fängt er mit dem Orgelspielen an. Nach dem Abitur studiert er erst Kirchenmusik und Instrumentalpädagogik, dann Dirigieren an der Hochschule für Musik in Stuttgart. Gleich nach dem Studium gibt man ihm eine große Stelle am Dom. Ab 2007 ist er Domkantor an Sankt Eberhard in Stuttgart, leitet dort die Domkapelle, den Kammerchor und die Nachwuchsgruppen der Mädchenkantorei. Auch bei Oratorien und Uraufführungen steht er am Pult, dirigiert renommierte Orchester. Schmid: „Ich bin ein Glückspilz, dass ich immer sehr jung an gute Stellen kam.“ Auch privat ist seine große Liebe die klassische Musik. Als Student sei er in Stuttgart auch mal in Jazzkneipen gegangen. „Aber Disco, das ertrage ich nicht.“ Neben Bach, der „für einen Kirchenmusiker natürlich über allem schwebt“, liebt er die Musik von Orlando di Lasso und Giovanni Pierluigi da Palestrina: Deren Stil, die klassische Vokalpolyphonie, ist so etwas wie ein Steckenpferd von ihm. Aber auch mit der katholischen Kirche fühlt er sich eng verbunden: „Ohne den spirituellen Bezug kann man nicht Kirchenmusiker sein.“

Einen Jahresplan erstellen, die Chorwerke für die Liturgien und die Konzerte auswählen, die Chöre einteilen – neben der Arbeit mit den Chören gehört das nun zu Schmids Aufgaben bei der Würzburger Dommusik. Zu seinem Team zählen ein Domkantor, ein Domorganist, eine Verwaltungsangestellte und eine Sekretärin. Sieben Stimmbildner kümmern sich um die Chorsänger, und Musikpädagoginnen sind für die musikalische Früherziehung zuständig. Ein „fantastisches Personaltableau“, schwärmt Schmid, das aber auch wichtig sei, um professionelle Arbeit zu machen. „Das verpflichtet einerseits, ist aber auch spannend und motivierend.“

Schmids Befürchtung, als Großstädter in Würzburg eine gefühlte Kleinstadt vorzufinden, hat sich nicht bewahrheitet. „Würzburg ist eine sehr lebenswerte Stadt, es fällt mir leicht, mich hier einzugewöhnen.“ Die Zeit, sich alles genauer anzuschauen, hatte er bisher allerdings nicht. In den ersten Wochen stand vor allem Büroarbeit an. Nun freut er sich auf seinen ersten Dirigierdienst: Da singt der Domchor eine Messe von – Palestrina . . .

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Chöre
Geistliche Musik
Giovanni Pierluigi da Palestrina
Hochschule für Musik
Hochschulen und Universitäten
Kirchenmusiker
Musikpädagoginnen und Musikpädagogen
Oratorien
Orlande de Lassus
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen