Was schreit ein Mann sinnvollerweise, wenn er sich von außen an einer startenden Militärmaschine festhält? „Mach die Tür auf!“ Tom Cruise, halb Stuntman, halb Schauspieler, hat die atemraubende Eröffnungsszene von „Mission: Impossible – Rogue Nation“ acht Mal höchstselbst durchlitten, bevor sie im Kasten war. Und es tut richtig gut, wenn eine Filmreihe, die Unmögliches möglich machen will, zumindest in manchen Sprüchen plausibel ist. Obendrein sagt Cruise in Interviews: „Ich habe mir ein bisschen in die Hose gemacht.“
Im fünften Teil der Actionreihe um den amerikanischen Top-Agenten Ethan Hunt und sein unbesiegbares Wunderteam bleibt die Welt, wie sie schon vor 20 Jahren beim Start der Serie war: Ganz gut und ganz böse – und damit höchst einträglich für die Produzenten, die bisher zwei Milliarden Dollar (1,85 Milliarden Euro) kassiert haben. Die Filme haben auch Cruise, dessen Vermögen mal auf 200, mal auf deutlich über 400 Millionen Dollar geschätzt wird, nicht wirklich ärmer gemacht.
Dieses Mal gilt es, einen „Schurkenstaat“ namens „Syndicate“ – eine wortkarge Gang mit optischem Hang zu prorussischen Separatisten – zu besiegen. Das Problem ist, dass die Mission Impossible Force (MIF) auf Drängen der CIA aufgelöst wurde und sich Hunt nun umso schwerer gegen seinen heiseren, psychopathischen Konterpart (Sean Harris) und dessen Bösewichte behaupten kann.
In Marokko, London und nicht zuletzt in Wien gedreht, reihen sich die Stuntszenen zu einem vorhersehbaren Verlauf aneinander. Zu einer besonderen, wenngleich makabren Ehre kommt der österreichische Bundeskanzler. Das „Syndicate“ will ihn beim Besuch der Wiener Staatsoper töten. Im rauschhaften Schluss der Arie „Nessun dorma“ („Keiner schlafe“) der Puccini-Oper „Turandot“ sollen die Todesschüsse fallen. Der Aufwand, den die Gangster dafür betreiben, erinnert eher an ein Attentat auf einen US-Präsidenten.
Eine Todesmaschine
In Österreich ticken die Uhren, auch die der Sicherheitsvorkehrungen, ganz anders – Kanzler Werner Faymann (SPÖ) möge im Gegensatz zum Film ein langes Leben beschieden sein. So wunderbar blass und abgearbeitet, wie ein dauergestresster Agent einfach sein muss, kann im MIF-Team besonders Jeremy Renner („Tödliches Kommando – The Hurt Locker“) als William Brandt überzeugen. Alec Baldwin als CIA-Direktor möchte diabolisch wirken, aber das will ihm nicht so recht gelingen. Rebecca Ferguson als Undercover-Agentin Ilsa Faust ist ein starkes Signal an alle Drehbuchschreiber: So überzeugend können Frauen Männer aus höchster Not retten.
Das Eindringen in Computer-Systeme hat „Mission: Impossible“ als dramaturgischen Standard etabliert. Dieses Mal sind die Räume nicht nur per Fingerabdruck, Iris- und Spracherkennung gesichert, sondern eine Todesmaschine überwacht auch noch das Gangbild desjenigen, der es wagt, den Computerraum zu betreten. Ein Stolperer – und peng.
Solche körperlich schädlichen Konsequenzen hat keiner der Helden in „Mission: Impossible“ zu befürchten. Wo in anderen Actionfilmen zumindest ein Pflaster her muss oder ein blaues Auge herbeigeschminkt wird, ist für Cruise & Konsorten ein schrammenloses Dasein trotz aller Schläge garantiert. Nur in der fein ausgedachten Schluss-Szene zieren Kratzer die Wange des immer noch top-trainierten 53-Jährigen.
Die 130 Minuten in der Regie von Christopher McQuarrie sind nicht immer fesselnd, haben aber auch hübsche Momente. Bei der Flucht mittels Tau aus der von der Polizei umstellten Wiener Staatsoper etwa stellt sich plötzlich eine unaufgeregte Leichtigkeit zwischen Cruise und der 31-jährigen Schwedin Ferguson ein. Die gelassene Haltung erinnert an die Formel eines alten Machos und genialen Autoren: „Grace under pressure“ (Anmut unter Druck) hat Ernest Hemingway einst empfohlen. Gerne mehr davon, sollte es einen sechsten Teil geben.
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