„Viva Italia!“ – Unter diesem Motto stand das Abschlusskonzert des Kissinger Winterzaubers, welches das Staatsorchester Braunschweig unter Gerd Schaller bestritt. Mediterranes Flair und italienischer Esprit waren versprochen und hatten zahlreiche Besucher angezogen.
Mit Niccolo Paganinis Violinkonzert Nr. 1 präsentierte sich als Solist der 31-jährige Noé Inui, Preisträger mehrerer Wettbewerbe und auf internationalen Bühnen unterwegs. Er schuf ein spektakuläres Ereignis. Über seine Beherrschung des Instruments muss man kaum Worte verlieren: Ganz selbstverständlich verbindet er ungeheure Virtuosität und differenzierte Tonformung, luftige Flageolets und spielerisches Draufgängertum.
Betörend schöne Momente
Was ihn aber besonders auszeichnet, ist sein souveräner Umgang mit den vertrackten Anforderungen des Werkes. Inui legt süßen Schmelz selbst in Passagen höchster Schwierigkeit, paart aggressiven Biss mit Momenten glühender Innigkeit, verbindet hochdramatische Expressivität mit springlebendigem, tänzerischem Musizieren. Er durfte sich zu Recht gehörig feiern lassen und schob, als sei es der Anstrengung nicht genug, als Zugabe Paganinis Caprice a-Moll nach. Großartig!
Ottorino Respighis sinfonische Dichtung „Pini di Roma“ zündete sodann ein opulentes, farbschillerndes Feuerwerk. Man konnte in eine lebendig pulsierende Stadt eintauchen, durch düstere Katakomben wandeln, betörend schöne Momente erleben, etwa beim Übergang zu „I pini del Gianicolo“. Das Staatsorchester Braunschweig durfte hier zu großer Form auflaufen und die Facetten dieses meisterhaft instrumentierten Klanggemäldes auskosten, von irisierenden Farben bis zu triumphaler Wucht.
Atemloser Mendelssohn
Ende gut – alles gut? Nicht ganz! Der Abend hatte mit Felix Mendelssohn Bartholdys Sinfonie Nr. 4 begonnen, der „Italienischen“. Die anfänglichen Probleme in der Homogenität des Orchesters legten sich nur bedingt, stetige Unruhe prägte nicht nur den ersten Satz. Gerd Schaller bedient sich eines aufwendigen Dirigierstils, der ständig am Anschlag zu nervöser Übertreibung steht. Hätte das Orchester seine Zeichengebung konsequent umgesetzt, wäre beispielsweise das „Andante con moto“ in sattem Fortissimo dahingestampft.
Viel Raum zu differenzierter Gestaltung oder zur Entfaltung lyrischer Elemente ließ Schaller nicht, hetzte atemlos auch durch den abschließenden Saltarello. Perfekt ablaufende, synchrone Motorik – weit gefehlt! Gefährlich nah am Abgrund war das, wenig zauberhaft und nichts zum genießerischen Zurücklehnen.