
Fünf Jahre ist es her, seit Domkapellmeister Martin Berger Würzburg verließ, um eine neue berufliche Herausforderung an der Universität von Stellenbosch in Südafrika anzunehmen. Bereut hat er diesen Entschluss nie, wie er im Gespräch verrät. Veränderungen seien notwendig, sowohl für die eigene Entwicklung, als auch für Vielfalt im Rahmen von Institutionen.
Mit Würzburg verbinden ihn viele Erinnerungen an eine wunderbare und prägende Zeit, und so freute er sich, auf Einladung der „Klanglandschaften Mainfranken“ mit seinem Stellenbosch University Chamber Choir in der Würzburger Franziskanerkirche aufzutreten. Viele ehemalige Weggefährten waren gekommen; was sie erlebten, war ein höchstklassiges Konzert mit Chormusik aus und über Südafrika.
Ein weit gespannter Repertoirebogen
Die Reminiszenz an die Dommusik, deren Entwicklung Berger ebenso verfolgt wie das gesamte chormusikalische Geschehen Würzburgs, fand sich beim feierlichen Einzug mit dem schlicht-schönen Abendlied „Ned I vester soli glader“. Nahtlos ging es ins vielstimmige Züngeln der zeitgenössischen „Invocation“ von Stephen Lounsbrough über, ein geheimnisvolles, sphärisches und schimmerndes Werk, bei dem atemloses Lauschen angesagt war.

Mit dem trommelbegleiteten afrikanischen Traditional „Uyalalelwa uSomandla“ war der Repertoirebogen des Abends gespannt und gleichzeitig eindrucksvoll das enorme Leistungsvermögen des Chores demonstriert: Zwölf Werke schlugen Brücken zwischen Hemisphären und musikalischen Ausdrucksformen.
Chormusik gehört in Südafrika zum Alltag
Da waren eher der romantischen Liedtradition verbundene Chorsätze, dann die zeitgenössische Musik, harmonisch reich, metrisch komplex, dicht gewebt aus engsten Intervallen und Reibungen bis hin zur Mikrotonalität. In allem ist der exzellent geschulte Chor zuhause, ein engagiertes Ensemble aus einem „singenden Land“, in dem „Chormusik völlig selbstverständlich zum Lebensalltag gehört“, so Berger, der dies als großes Geschenk empfindet.
Und natürlich nutzt der Professor für Chorleitung die kulturell vielfältigen Ressourcen seiner Studenten: Englisch, die Sprache die Martin Berger im Bereich der akademischen Lehre enorm herausfordert, wie er bekennt, ist die Muttersprache von lediglich vier seiner rund 35 Sänger, alle anderen sprechen eine der elf Sprachen Südafrikas.
„Ukholo Iwami“ riss das Publikum aus der ehrfürchtigen Zurückhaltung
Dass sie die Musik im Blut haben, merkte man nicht nur bei den traditionell afrikanischen Beiträgen wie bei „Ukholo Iwami“, das in seiner temperamentvollen Fröhlichkeit, mit vogelgleichen Jauchzern und Trillern das Publikum aus ehrfürchtiger Zurückhaltung riss und in Jubel ausbrechen ließ.
Schlank, naturverbunden sind die Stimmen, individuell, dennoch absolut homogen im Zusammenklang. Es gab fast nur überirdisch schöne Momente in diesem Konzert, Edles, Feines, Andächtiges, aber auch großes Volumen, Schwung und Rhythmus. Martin Bergers Kompetenz und die seiner Sänger stehen außer Frage, und dass es menschlich stimmt, war unverkennbar. Minutenlang sang und tanzte man nach dem Konzert im Kreuzgang des Klosters weiter – weder Chor noch Publikum wollten einen Schlusspunkt setzen.