
Der deutsche Heimatfilm 1956 mit Ruth Leuwerik "Die Trapp-Familie". Julie Andrews in der Hollywoodverfilmung des Musicals "The Sound of Music" 1965. "Edelweiß, Edelweiß, strahlst für mich wie die Sterne." – All diese rudimentären Erinnerungen an das, was die Unterhaltungskultur aus dem Schicksal der originalen Trapp-Familie gemacht hat, sollte man vergessen. Vergessen sollten es Besucherinnen und Besucher, bevor Sie das Musical "The Sound of Music" im Meininger Theater anschauen.
Die Familie musste 1938 ihre österreichische Heimat verlassen, weil Vater Trapp ein glühender Patriot und Gegner der Nationalsozialisten war, die 1938 das Land okkupierten und dem Deutschen Reich einverleibten. Die Trapps – Maria Augusta Trapp erzählt das in ihren Erinnerungen – machten in den USA eine unglaubliche Karriere als singende Familie. Aber jeder Vergleich mit bisheriger Dichtung und Wahrheit wirkt störend, wenn man sich auf das einlassen möchte, was sich in Meiningen Regisseur Bernd Mottl, Ausstatter Friedrich Eggert, Choreograf Hakan T. Aslan und Chorleiter Manuel Bethe einfallen ließen, um ein stimmiges Bühnenmärchen zu erzählen.
Geschichte voller Lebensfreude und Ironie
Ja, es ist ein Musical, gefüllt mit Kitsch, Klischees und Stereotypen. Ja, "The Sound of Music" hört sich so an, wie die amerikanischen Musicalkomponisten und Songschreiber Rodgers und Hammerstein sich dieses Miniaturösterreich der Vorkriegszeit vorstellten (die deutsche Fassung der Songs und Texte stammt von Heiko Wohlgemuth und Kevin Schroeder). Aber: Die Geschichte ist voller Lebensfreude, voller Ironie, gut austarierter Spielideen, stimmiger Choreografie und pfiffiger Songs.

Man glaubt aus dem Orchestergraben sogar den souveränen Dirigenten der Hofkapelle, Harish Shankar, jodeln zu hören. Schließlich ist er – wie viele Fans des Julie-Andrews-Films mit den Songs aufgewachsen. Noch ein Pluspunkt der Story: Sie schließt die lebensbedrohliche Situation der Gegner der Nazis in jener Zeit nicht aus, ganz im Gegensatz zu wirklichkeitskastrierten Operettenstoffen. Das Allerwichtigste jedoch: Die Darsteller und Darstellerinnen scheinen sich so wohl zu fühlen, dass die Spielfreude nur so aus ihnen herausblitzt. Als hätten sie das zackig rotweißrot gemusterte Austrian Wonderland auf heftig bewegter Drehbühne für zweieinhalb Stunden zur zweiten Heimat auserkoren.
Sopranistin Monika Reinhard als lebenslustige Noch-Novizin
Zuerst muss man die wunderbar komödiantische und absolut stimmsichere Sopranistin Monika Reinhard als Maria (alternierend mit Karolin Konert) nennen, die es als lebenslustige Noch-Novizin ins Trapphaus verschlägt und die dort sofort beginnt, die eisernen Regeln des Hausherrn aufzumischen, mit denen er die Trauer um seine verstorbene Frau überspielt.

Michael Jeske ist in der Rolle des Kapitäns Georg von Trapp in Hochform, vom zarten Zungenschlag bis zum lautstarken Affekt. Und dann seine Kinder, die es aus einem Käfig aus Disziplin und Ordnung zu befreien gilt. Wie sieben Orgelpfeifen stehen sie da, die Trappkinder – eine Augen- und Ohrenweide, vor allem im Zusammenspiel mit der neuen Liebe ihres Vater – Novizin Maria. Angeführt werden sie von der Ältesten, Liesl (Carmen Kirschner vom Schauspielensemble). Aber auch die Kleinste, Melia Mahr als Gretl, hat ein gewichtiges Wort mitzusingen.
Um die Familie herum gibt es noch eine Menge gut gezeichneter Typen, wie Stan Meus als opportunistischer Musikproduzent, Christine Zart als Haushälterin, Cordula Rochler als Kapitän Trapps Verlobte und die Mezzosopranistin Marianne Schechtel als Mutter Oberin, Vorsteherin einer singenden Nonnenschar, die man mühelos als hochmotivierten Damenchor identifiziert. Da bleibt einem am Ende nichts anderes übrig, als ein inbrünstiges "Lay ee odl lay ee odl lay hee hoo" in den Saal zu jodeln und das neueste Lieblingsmusical der Meininger zu begrüßen.
Nächste Vorstellungen: 3.11. und 26.11., jeweils 19.30 Uhr, 21.11., 18 Uhr. Kartentelefon: 03693-451222. www.staatstheater-meiningen.de