Richtiger ist aber: Die Rezitation hätte Christine Neubauer eine gute Möglichkeit dazu geboten, sich neu einzubringen. Denn eigentlich ist ihr der teils erotische, teils freche, teils nachdenkliche, teils verbitterte Inhalt der „ungeschriebenen Briefe von Constanze Mozart“ wie auf den Leib geschrieben. Der für die Texte zuständige Würzburger Pädagogikprofessor Winfried Böhm entwarf in acht hörenswerten Lesestationen die Entwicklung vom koketten Teenie zur Mozart-Muse und -Gattin und schließlich -Witwe. Die Vorleserin hätte darin aufgehen können, weil die Fiktion von Christine Neubauers einstiger Paraderolle des bayerischen Vollweibs hinwegführte in die hin- und hergerissenen Gedanken des enttäuschten, ihrem Mozart indes ewig zugetanen Stanzerl.
Doch was nutzen die besten Texte, was hilft das schönste Drumherum, was kann eine noch so nette Musik retten, wenn die Hauptdarstellerin vor lauter Professionalität zu wenig Herz und Seele zeigt? Vielleicht wäre es ratsam, nächstes Jahr einen Star zu engagieren, der nicht direkt danach Geburtstag hat. Christine Neubauer wirkte einsam und nicht restlos überzeugt von der ungewohnten Aufgabe am Lesetisch. Abseits des Manuskripts verlor sie kein weiteres Wort – und vergaß sogar die einmal mindestens normale, angemessene Würdigung der drei zwischen den Briefen aufspielenden Musiker des „Trio 37“, von denen Rainer Seidel für eine großartige Fagotteinlage bei Rasettis Trio Nr. 2 besonders viel Extrabeifall erhielt.
Überhaupt zeigte das freundliche Publikum großes Verständnis für die Profi-Eile – und stimmte zur Zugabe, auch das ist typisch Bronnbach und anderswo nahezu unvorstellbar, dem runden Anlass gemäß einen Kanon an: „Viel Glück und viel Segen auf all Deinen Wegen!“ Die Geehrte dankte mit ihrem einzigen eigenen Satz des Abends: „Sie wissen aber schon, dass ich gleich noch auf die Autobahn nach München muss!?“