Musik kennt mehr Fragen als Antworten. Bestes Beispiel: Beim Mozartfest Würzburg rang Chefdirigent Jonathan Nott, der sich in neuer Position vorstellte, mit dem "Orchestre de la Suisse Romande" um eine Antwort auf die Frage, warum der erst 17-jährige Mozart in seiner ernsten und tragischen Sinfonie g-Moll KV 183 völlig andere, teils dissonante Töne als bisher in seinen Sinfonien anschlug.
Vier Hörner trugen zu dramatischen, ja schmerzlichen Eindrücken bei und selbst das Menuett kam eher derb und kernig daher. War diese spürbare Leidenschaft nicht Romantik in Reinkultur? Neben Mozart schrieben andere Komponisten Sinfonien in g-Moll; eine Tonart, die damals einfach in Mode war, nicht viel anders als Goethes „Werther“.
Neue Klangwelten mit Naturhörnern
Einen weiten Sprung machte das Genfer Orchester nach der Pause, mit der Sinfonie Es-Dur KV 543, die Mozart drei Jahre vor seinem Tod schrieb und die schon im frühen 19. Jahrhundert den Beinamen „Schwanengesang“ erhielt. Zu hören war aber ganz und gar kein Abgesang; das Spätwerk wurde von den Genfer Musikern energiegeladen, voll graziler Beschwingtheit mit volksliedhaften Themen und im reizvollen Dialog von Streichern und Bläsern vorgetragen.
Eingebettet zwischen Mozarts Sinfonien wurden mit György Ligetis Werk „Hamburgisches Konzert für Horn solo und Kammerorchester“ neue Klangwelten mit vier Naturhörnern so intensiv in den Kaisersaal gezaubert, dass die Kronleuchter sich leicht zu drehen begannen und ohne Instrumente „Plocks“ wie von Regentropfen zu hören waren. Der traumhafte Auftritt von Christoph Eß, Solohornist der Bamberger Symphoniker, mit einem Natur- und dem modernen Ventilhorn wurde stürmisch bejubelt.
Trotz Ausfälle magischer Abend im Fürstensaal
Zweiter, nahezu magischer Abend beim Würzburger Mozartfest waren die "Nachklänge im Echoraum": Gleich zwei Mitwirkende fielen für das Konzert im Fürstensaal aus. Statt Holger Slowik führte Hansjörg Ewert vorzüglich in beide Konzerte ein; zugleich entschädigte er mit dem Gedicht „Nacht“ von Joseph von Eichendorff für den kurzfristigen Ausfall des Klangregisseurs mit „Double Bind?“ von Unsuk Chin. Deren Lehrer György Ligeti komponierte ein Horntrio, das Hornist Gabriel Trottier, Jacobo Hernández Enríquez (Violine) und Kathrin Isabelle Klein (Klavier) mit spürbarer Leidenschaft vortrugen.
„Das Waldhorn ruft, als rief´s nach dir“ schreibt der Dichter und Trottier ließ das Waldhorn so intensiv erschallen, dass die Klaviersaiten plötzlich nachzuschweben begannen. Ein magischer Abend, der dank der Zugabe von Jonathan Notts Orchester mit dem beliebten vierten Satz von Ligetis „Concert Românesc“ erst nach 23 Uhr endete.