„Die Zeit ist ein sonderbar Ding“ – Richard Strauss legt diese Worte der Marschallin im Rosenkavalier in den Mund und lässt sie über das Wesen der Zeit nachdenken. Wer an diesem Abend beim Mozartfest im Kaisersaal der Würzburger Residenz Werke von Christian Cannabich, Wolfgang Amadeus Mozart und Richard Strauss hörte, dem mag es ähnlich ergangen sein.
Epochengrenzen waren mit einem Mal aufgehoben, ihre zeitliche Verortung spielte keine Rolle mehr, der Charakter der Werke trat in den Vordergrund und verzauberte allein durch Eleganz und Spritzigkeit und berührenden Ausdruck. Beschwingt verbreitete das Philharmonische Orchester Würzburg unter Enrico Calesso mit Cannabichs Sinfonie Nr. 57 zu Beginn ein gerüttelt Maß an guter Laune und preschte im Schlusssatz hin zu einem funkensprühenden Finale der Sinfonie.
Damit war der einladende Grund gelegt für Mozarts Sinfonia concertante. Wie aus der Zeit gefallen hoben die beiden Solisten Renaud Capuçon (Violine) und Gérard Caussé (Viola) zu einem beseelten Dialog an.
Wunderbar zart und innig sprachen sie miteinander, führten die Gedanken des jeweils anderen weiter und beschlossen gemeinsam in Parallelgängen die erste Kadenz. Weit holten sie aus im berührenden c-Moll-Satz, eine zu Herzen gehende Melancholie breitete sich aus, doch nie düster und beklemmend, sondern anrührend und warm.
Behutsam, als wolle er das Zwiegespräch nicht stören, hielt sich Calesso zurück, setzte nur die notwendigsten Impulse. Alle dunklen Geister wischte das abschließende Presto beiseite, fulminant ließ Calesso seine Philharmoniker zeigen, was sie können. „Noch einmal!“, schien der begeisterte Applaus zu rufen, und so gab es diesen dritten Satz als Zugabe.
Funkelnd und kapriziös dann die ursprünglich als Schauspielmusik gedachte Musik zu Molieres „Bürger als Edelmann“ von Richard Strauss. Quer durch die Zeiten von einer heiteren Reminiszenz an und Verbeugung vor Jean-Baptiste Lully bis in die Wagnisse des beginnenden 20. Jahrhunderts zogen die Figuren vorbei: Fechtmeister und Schneider, Cléonte, Dorantes und Dorimene. Graf und Marquise.
Mit leichter Hand führte Calesso sein blendend eingestimmtes Orchester. Mal rasselte die Trommel, dann brummten die Kontrabässe oder es perlte die Harfe. Sogar der Flügel mischte mit, in kleinen Ensembleeinschüben bis hin zu solistischen Extras ergab sich ein spritziges und vielfarbiges Etwas, launig und absolut zeitlos.