Ob die „Sehnsucht nach Italien“ die Zuschauerscharen in den König-Ludwig-I.-Saal gelockt hatte, die Aussicht auf Nils Mönkemeyer oder der gute Ruf des Bayerischen Kammerorchesters Bad Brückenau? Egal. Ausverkauft war das Festkonzert, mit dem das Orchester unter Leitung von Johannes Moesus auch seine zehnjährige Residenz in Bad Brückenau feierte.
Höhepunkt war Marco Hertensteins „Et expecto . . .“ für Viola und Streicher, ein faszinierendes, meditatives Tongeflecht, inspiriert von Bachs h-Moll-Messe. Getragen von dem Streicherensemble spielte Bratschist Nils Mönkemeyer zum Niederknien schön die Gesangslinie des nach Erlösung strebenden Werks. Mal klagend, fast winselnd, dann satt und wohltönend spielte er den warmen, natürlichen Klang seiner Bratsche voll aus.
Völlig im Gegensatz dazu Paganinis Sonata per la Gran Viola. Da musste Mönkemeyer die akrobatischsten Grifftechniken auspacken. Das war virtuos, teuflisch anspruchsvoll – nicht nur für Mönkemeyer, auch für das Bayerische Kammerorchester. Großer Beifall und als Zugabe des aufgewühlten Mönkemeyer eine Sarabande von Bach, die den Pulsschlag aller wieder beruhigte. Eröffnet hatte den Abend das Kammerorchester mit großem Streicherensemble und Cembalo und Pietro Antonio Locatellis Concerto grosso D-Dur op. 1 Nr. 9. Es dominierten die Violinen, der eine Kontrabass hatte es schwer, sich durchzusetzen. Dass ein kleines, aber fein besetztes Ensemble keine Schattenseiten haben muss, bewies Moesus mit Bachs Drittem Brandenburgischem Konzert G-Dur.
Die Leichtlebigkeit Venedigs
Er dirigierte es leidenschaftlich und mitreißend. So konnten sich die je drei Geigen, Bratschen, Celli, der Kontrabass und das Cembalo einen unterhaltsamen Wettstreit liefern, überwiegend in einem fast absurden Tempo. Mit Marco Enrico Bossis Intermezzi Goldoniani op. 127 setzte Moesus den Schlusspunkt und den Fokus wieder einmal auf einen unbekannteren Komponisten.
Das spielfreudige Kammerorchester ließ die Leichtlebigkeit und Festlichkeit des Venedigs des 18. Jahrhunderts wieder aufleben – mit feinen Details, kultivierter Phrasierung, Dynamik und Artikulation. Großer Beifall und Bachs Air als Zugabe.