Auf den ersten Blick wirken die Puppini Sisters aus London wie eine schrille Wiedergeburt der legendären Andrews Sisters: Drei Frauen mit langen Beinen und glasklaren Stimmen, die auch die vertracktesten Swing-Arrangements lupenrein bewältigen. Nur, dass die Puppini Sisters dieses Erbe zwar pflegen, ihr Repertoire gleichzeitig bis in die Gegenwart ausdehnen. Sie selbst nennen ihren Stil „Vintage-Swing-Pop“. Marcella Puppini, Kate Mullins und Emma Smith haben zwar die Retrowelle der letzten Jahre mit ausgelöst, sind in ihrer Präsenz, ihrer Vielseitigkeit und ihrer Perfektion aber ganz und gar auf der Höhe der Zeit. Nun präsentieren die Sängerinnen ein neues Album: „The Highlife“ bringt Hits der 1930er bis 1950er Jahre genauso wie Popklassiker und aktuelle Charthits, arrangiert im Puppini-Stil. Daneben gibt es auch erstmals eigene Songs wie „Is this the High Life“. Am Samstag, 1. Oktober, sind sie beim Schweinfurter Nachsommer zu Gast. Ein Gespräch mit Bandgründerin Marcella Puppini („die Brünette“) über die Faszination der Vergangenheit und das Glück, in der Gegenwart zu leben.
Marcella Puppini: Tatsächlich sind wir dieses Jahr auch schon in einem Hangar aufgetreten, aus Anlass der Gedenkfeier zur Battle of Britain, der Luftschlacht um England im Zweiten Weltkrieg. Es war eine Radioshow in einer Halle mit lauter alten Flugzeugen. Das war eine tolle Erfahrung. Und in Schweinfurt wird es auch wunderbar werden – wir freuen uns sehr darauf.
Puppini: Ja, das denke ich schon. Es ist interessant: Als wir 2004 anfingen, waren wir die Einzigen, die in diese Richtung arbeiteten. Und je mehr wir auftraten, desto deutlicher zeichnete sich eine weltweite Neo-Vintage-Szene ab. Wir selbst dachten überhaupt nicht in Nostalgie-Kategorien. Ich war immer schon begeistert von altem wie von neuem Jazz. Und Kate und Emma teilen dieses Empfinden.
Viele Leute lieben den Blick zurück auf eine Zeit, die es aber so nie gegeben hat – eine überzuckerte Hollywood-Vorstellung. Das war aber nie unsere Absicht, um ehrlich zu sein. Wir leben alle sehr gern in der Gegenwart. Aber natürlich lässt sich die Anziehungskraft dieser Märchenwelten nicht leugnen.
Puppini: Nein, nicht in diesem Sinne. Wir alle lieben es, heute zu leben. Es gibt so viele aufregende Dinge in der Gegenwart. Natürlich gibt es auch furchtbare Aspekte, aber die gab es auch in den 40ern. Jede Zeit hat ihre Anteile von Schönheit und von Schrecken. Aber der Klang, die Ästhetik und nicht zuletzt die Einstellung der damaligen Stars gegenüber ihrem Publikum (im Gegensatz zu heutigen Rockstars), das sind schon Aspekte der 40er, die uns gefallen.
Puppini: Ich würde sagen, so ziemlich alles, was uns gefällt. Es gibt keine Grenzen. Es sei denn, der Inhalt ist uns zuwider. Wir würden zum Beispiel keine frauenfeindlichen Texte singen, wie man sie im Hip-Hop findet. Aber wir haben zum Beispiel „Work It“ von Missy Elliott arrangiert, einen echt gewagten Song, und haben alle Kraftausdrücke durch „Whoops“ ersetzt. Es gibt also kaum etwas, was wir nicht versuchen.
Puppini: Daran haben wir bisher noch nicht gedacht. Vor allem, weil uns das zu sehr einschränken würde. Ich würde das aber nicht für immer aussschließen. Aber grundsätzlich lieben wir die Freiheit, aussuchen zu können, was immer uns gefällt. Und auch selbst zu schreiben, was immer uns gefällt.
Puppini: Vielen Dank!
Puppini: Ja, das ist sicher nichts, was man schnell zusammenschustert. Es braucht einige Zeit von der Konzeption eines Songs bis zur Umsetzung. Wir werden zwar immer schneller, weil wir das schon eine ganze Weile machen. Aber es muss alles genau aufgeschrieben und sehr intensiv geprobt werden. Und je länger wir warten, bevor wir einen Song aufnehmen, desto besser klingt er dann auf der Platte. Wenn man einen Song schreibt, hat man eine Vorstellung, wie er klingen soll. Aber dann gibt es kleine Änderungen, kleine Nuancen, die passieren, wenn wir zusammen proben. Und das fügt das gewisse Etwas hinzu. Dazu braucht es aber viele, viele Wiederholungen.
Puppini: Ja, sehr! Jedes Land hat ein anderes Verständnis für das, was wir tun. In den Vereinigten Staaten begrüßen die Menschen aller Altersstufen unsere Musik mit Riesenbegeisterung – weil es ihre Musik ist, sie kennen sie, sie verstehen sie auf vielen Ebenen. In Europa ist es schwieriger, weil das hier nicht zu unseren Traditionen gehört. Jüngere Leute erfassen oft eher eine ironische Ebene. Deutsches Publikum ist immer sehr respektvoll und neigt nicht so sehr zum Partymachen.
Puppini: Ich liebe dieses Wort.
Puppini: Wir kriegen sie, machen Sie sich keine Sorgen.
The Puppini Sisters: The Highlife – Vintage-Swing-Pop aus London. Samstag, 1. Oktober, 19.30 Uhr, beim Schweinfurter Nachsommer in SKF-Halle 411. Karten unter Tel. (09 31) 60 01 00 0 oder im Netz: www.nachsommer.de