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Michael Volle: Ein Star-Bariton unter Fußball-Stars
Wann singt man schon vor 40 Millionen Zuschauern? Der Bariton Michael Volle 2006 bei der Gala „Weltfußballer des Jahres“ im Opernhaus Zürich zwischen zwei Geehrten, dem italienischen Fußballer Fabio Cannavaro und und der brasilianischen Fußballerin Marta.
Foto: imago | Wann singt man schon vor 40 Millionen Zuschauern? Der Bariton Michael Volle 2006 bei der Gala „Weltfußballer des Jahres“ im Opernhaus Zürich zwischen zwei Geehrten, dem italienischen Fußballer Fabio ...
Das Gespräch führte Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 25.02.2010 17:44 Uhr

Angekündigt war ein Operngala-Abend mit Arien und Duetten für Mezzosopran und Bariton von Mozart über Donizetti bis Wagner und Verdi. Die Interpreten: Gabriela Scherer und Michael Volle, beide Ensemblemitglieder der Bayerischen Staatsoper in München. Nun wird Michael Volle den Abend am Sonntag, 28. Februar, im Schweinfurter Theater (19.30 Uhr) alleine bestreiten. Der Grund: Gabriela Scherer hat sich von der Geburt des gemeinsamen Sohnes noch nicht so weit erholt, dass sie auftreten könnte.

Frage: Herr Volle, wie geht es Ihrer Frau?

Michael Volle: (lacht) Wenn sie an nächsten Sonntag denkt, ist sie natürlich traurig und ich auch. Wir hatten uns wahnsinnig auf das gemeinsame Konzert gefreut. Aber es läuft im Leben manchmal anders. Es wäre einfach noch zu früh für sie gewesen. Unser Bub, der am 29. Dezember auf die Welt kam, hat sich ein bisschen schwer getan, und die Nachwehen machen es nicht möglich, dass sie schon wieder singt.

Demnach haben Sie jetzt drei Kinder?

Volle: Zwei Töchter aus meiner ersten Ehe und mit meiner jetzigen noch nicht, aber ganz bald Frau unseren ersten Sohn Christian Johannes.

Wie fit muss man denn körperlich sein, um so ein Programm durchzustehen?

Volle: Ich muss gestehen, ich weiß noch nicht, wie das alles sein wird. Ich habe am Samstag mit dem Pianisten geprobt. Und die Arien sind allesamt Hämmer. Aber wir Bassbaritöne haben den Vorteil, dass wir uns stimmlich nicht immer in so extremen Regionen bewegen wie die Tenöre. Aber es ist einfach ein großes Quantum zu singen. Ich werde das Programm ein wenig moderieren, damit das Publikum nicht einfach eine Arie nach der anderen hingeknallt bekommt. Es gibt ein paar thematische Zusammenhänge, das ist ganz nett. Ich werde mir ein Wasser und einen Tee hinstellen, und dann werden wir sehen. . .

Nun reicht Ihr Repertoire von Bach über Wagner und Verdi bis in die Moderne. Im Konzert singen Sie von Mozart bis Verdi – wie bewältigt man so etwas?

Volle: Das ist natürlich die große Frage – wozu ist eine Stimme in der Lage? Ich finde, dass man in der Lage sein sollte, Mozart, Verdi und Wagner nebeneinander zu singen. Natürlich muss man ökonomisch vorgehen, aber was ich wirklich ablehne, ist, dass man sagt, irgendwann geht nur noch das eine oder das andere. Allerdings sind manche Stimmen etwa für die historische Aufführungspraxis nicht geeignet, weil sie einfach ein größeres Volumen, mehr Vibrato brauchen. Aber ich glaube, dass man auch mit einer großen Stimme Bach singen kann, wenn man hygienisch mit ihr umgeht.

Das heißt aber auch, dass man nicht die volle Dröhnung auspackt, wenn man einen Papageno singt.

Volle: Ja. Natürlich würde ich einen Wotan, Schlussgesang Walküre, anders singen als „Der Vogelfänger bin ich ja“. Aber das hat weniger mit einer Beschneidung der Stimme zu tun, sondern mit einem flexibleren Umgang mit ihr. Das gilt auch für Liedgesang: Ich finde, man sollte – auch als Opernsänger – mit der Stimme singen, die man hat, und nicht versuchen, jemand zu imitieren. Es gibt eben nur einen Fritz Wunderlich, nur einen Fischer-Dieskau.

„Lothar Matthäus hing gelangweilt in seinem Sessel“

Michael Volle

Das wäre ja eine Art Schizophrenie.

Volle: Und völlig falsch. Weil man dann nicht mehr wahrhaftig ist, sage ich jetzt ganz pathetisch. Man kann nur mit der eigenen Stimme singen – die sich aber natürlich wandelt. Ich singe den Figaro-Grafen auch anders als vor zehn Jahren. Ich kann heute Sachen singen, die ich noch vor zwei Jahren nicht singen konnte.

Was denn, zum Beispiel?

Volle: Ich werde in zwei Jahren meinen ersten Sachs in den „Meistersingern“ singen.

Davon träumen Sie doch schon lange. Herzlichen Glückwunsch!

Volle: Danke. Ja, gut Ding will Weile haben. Eine Verkettung glücklicher Umstände hat dazu geführt, dass ich im Januar in Zürich den Sachs singe. Ich singe auch einige Strauss-Rollen, die früher noch nicht so möglich gewesen wären. Oder auch den Wozzeck. Jetzt fehlt noch das große Kapitel der Italiener. Aber da bin ich auch langsam dran.

Nochmal zu Mozart: Es gibt Baritone, die singen einen Don Giovanni, aber niemals einen Figaro. Oder einen Grafen, aber nie einen Papageno. Da sind Sie mit Ihrer Flexibilität eher allein auf weiter Flur, oder?

Volle: Es gibt komischerweise auch in meinem Fach Kollegen, die sagen: Jetzt ist es genug mit Mozart. Ich habe mir fest vorgenommen, bis ans Ende meiner Sängertage Mozart zu singen. Nicht nur, weil ich es über alles liebe, sondern, weil man dabei merkt, ob die Stimme noch funktioniert. Es ist einfach gesund. Man kann da nicht einfach drüber wegdonnern und ist längst nicht so frei wie in den romantische Opern. Das ist ein wunderbares Training.

Nun wird es in Schweinfurt ein Abend mit Klavier werden. Wie wird das etwa mit den Wagnerschen Klangwolken?

Volle: Das ist eine Mörderaufgabe für den Pianisten, weil diese Klavierauszüge ziemlich blöd zu spielen sind. Der muss ein ganzes Orchester mit zehn Findern hinkriegen. Zum Glück können das Leute wie Pawel Poplawski von der Komischen Oper Berlin sehr gut. Pawel kennt die Stücke so gut, dass er teilweise Stimmen aus der Partitur spielt, die gar nicht im Klavierauszug stehen. Aber das Klavier ist natürlich trotzdem immer nur ein Abglanz des Klangs, den die Komponisten im Ohr hatten. Das ist einfach ein Tribut an die ökonomische Seite.

Themenschwenk: Sie haben 2006 auf der Gala für die Weltfußballer des Jahres gesungen. Sind Sie ein Fußballfan?

Volle: Nicht so, dass ich bei jedem Spiel vor der Glotze hänge. Ich bin auch kein patriotischer Fan, aber ich schaue gern Fußball, ja.

Wie kam es denn zu diesem Auftritt?

Volle: Das war ein genialer Schachzug des Intendanten des Opernhauses Zürich: Der hat die FIFA dazu gebracht, das Opernhaus für einen Abend zu kaufen – und das bringt wahnsinnig viel Geld. Und ich war selten so aufgeregt wie an diesem Abend: Vor 40 Millionen Menschen singt man nicht so oft. Und dann plötzlich umgeben zu sein von all diesen Ikonen: Beckenbauer, Netzer, Haller, Ronaldo, Ronaldinho, Zidane, das war wirklich . . . huh! Und bei der Schlussnummer hatte ich plötzlich rechts Cannavaro und links Marta – die wussten nicht, wie ihnen geschieht, als ich die Champagner-Arie aus dem „Don Giovanni“ gesungen habe. Lothar Matthäus hing ziemlich gelangweilt in seinem Sessel, aber für die anderen war es, glaube ich, schon ziemlich aufregend, als ich sie in so ungewohnter Rolle vor die Kamera geholt habe.

 
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