Michael Kranz (37) ist Schauspieler und Dokumentarfilmer. Er hat mit Quentin Tarantino und Steven Spielberg gedreht, mit Michael Haneke und Oliver Hirschbiegel. Zuletzt war er in "Oktoberfest 1900" zu sehen (ARD und Netflix) und am 17. Januar im Stuttgarter "Tatort". Auf dem 47. Würzburger Filmwochenende, das heuer – ausschließlich im Netz – vom 28. Januar bis 3. Februar stattfindet, läuft sein Dokumentarfilm "Was tun". Kranz macht sich darin auf die Suche nach einer jungen Frau, die in einem Bordell in Bangladesh als Zwangsprostituierte festgehalten wird. Doch der ursprüngliche Impuls, einer bestimmten Person zu helfen, nimmt sehr schnell weitaus größere Dimensionen an. Ein in seiner selbstkritischen Nachdenklichkeit ebenso anrührender wie packender Film.
Michael Kranz: (denkt lange nach) Wenn die Frage meint, welchen Effekt kann ein einzelner Mensch bewirken – das weiß ich nicht. Das zeigt sich dann, das hat man nicht in der Hand. Ich glaube, ein Mensch kann sich immer in der jeweiligen Situation fragen, wie er sich zu etwas Bestimmtem verhält. Er kann versuchen, sensibel zu sein, mehr Bewusstsein in sein Handeln zu bekommen. Was der damit bewirkt, das entsteht dann, glaube ich.
Kranz: Um das zu erfahren, müssen die Leute ins Kino gehen. Soviel kann ich sagen: Als ich hingekommen bin, schien es erstmal unmöglich, sie zu finden. Deshalb habe ich mich recht früh von diesem ersten Impuls verabschiedet. Es waren so viele Kinder in diesen Bordellen, die unter schwierigen Bedingungen aufwachsen. Da dachte ich, vielleicht kann man denen einen Lehrer organisieren.
Kranz: Es ist daraus ein Heim für Kinder aus dem Bordellmilieu entstanden. Und ein Ausbildungsprojekt für ehemalige Zwangsprostituierte. Wir waren bis jetzt in einem provisorischen Heim. Im Moment kaufen wir gerade Land an, um ein eigenes Gebäude zu bauen. Corona ist dabei keine besondere Einschränkung. Wir mussten zwar jetzt Homeschooling für die Kinder organisieren, weil die Schulen zu sind. Aber wir haben eine wunderbare Partnerorganisation vor Ort, die machen das super. Für die Frauen im Bordell mussten wir Lebensmittelhilfen organisieren, weil die Freier ausbleiben.
Kranz: Letztes Jahr war große Flaute bei mir, finanziell fast Totalausfall. Das hatte ich so noch nie. Dabei läuft's gerade gut bei mir. Ich hatte "Oktoberfest 1900", was ein großer Erfolg war. Jetzt kam der Stuttgarter "Tatort", den ich Anfang des Jahres gedreht hatte. Aber dann kam Corona, Projekte wurden auf unbestimmte Zeit verlegt. Aber ich denke, dass dieses Jahr viel nachgeholt wird.
Kranz: (lacht) Ja – also, ich wurde eh besetzt, aber es gab mal einen Kurzfilm, da musste ich Ziegen melken.
Kranz: Weniger, als man denken würde. Da muss sich der deutsche Film nicht verstecken. Das Set von "Inglorious Basterds" hat sich nicht so von einer großen deutschen Produktion unterschieden. Bei Quentin Tarantino geht es ohnehin sehr persönlich zu. Wir sind auch oft zusammen was trinken gegangen. Das einzige, was wirklich eine andere Nummer war, das waren die zwei Spielberg-Produktionen. Für "Warhorse" hatte er eine Grafschaft bei London gemietet, da haben die Schützengräben ausgehoben und Dutzende Pferde aus Spanien eingeflogen, weil die am besten dressiert sind. Für "Bridge of Spies" wurde ein ganzes Stadtviertel von Breslau auf DDR getrimmt und eine Grenzmauer hochgezogen.
Kranz: Sie haben alle gemeinsam, dass sie sehr professionell sind. Und sehr achtsam für das Gesamtwerk. Ich habe keinen von denen als Egomanen erlebt. Und: Sie kochen auch nur mit Wasser, brauchen auch mal fünf Anläufe für einen Satz. Das war für mich eine entspannende Erfahrung. Aber bei Leuten, die in so einem großen öffentlichen Fokus stehen, ziehe ich mich eher ein bisschen zurück, weil ich denke, denen mangelt es ja nicht an Aufmerksamkeit, da muss ich die nicht auch noch was fragen oder mit ihnen befreundet werden. Aber gerade dann kommt es oft vor, dass man doch ein bisschen persönlicher involviert wird. Bei "Inglorious Basterds" habe ich mich in den Pausen immer auf eine Bank gesetzt und meinen Kaffee getrunken. Dadurch wurde ich so eine Art Ruhepol. Tarantino ist während der Dreharbeiten so voller Elan und Begeisterung gewesen, dass es manchmal an Überdrehtheit grenzte. Irgendwann hat sich dann Brad Pitt während der Pausen immer zu mir dazugesetzt und es, glaube ich, sehr genossen, dass man eben nicht reden musste. Das war angenehm und schön.
Alle Informationen zum Filmwochenende stehen auf www.filmwochenende.de - dort gibt es ab 27. Januar auch die Online-Tickets zu 6 Euro (Paypal oder Kreditkarte). Für zehn Euro gibt es Soli-Tickets zur Unterstützung der Filminitiative. Kauft man das Ticket, hat man 24 Stunden Zeit, sich den Film beliebig oft anzusehen. Geeignet sind alle Endgeräte mit einem aktuellen Browser. Hotline während des Filmwochenendes: Tel. (0931) 78023888