
Auf Bildern werden Engel oft mit einer Harfe dargestellt. In der Tat konnte man beim Meister-konzert der Musikalischen Akademie Würzburg mit dem Harfenisten Xavier de Maistre und der Kastagnettenlegende Lucero Tena am Freitagabend eine himmlische Reise durch Spaniens Musik erleben.
De Maistre beherrscht es, seinem Instrument eine schier unglaubliche Vielfalt an Stimmungen und Klangfarben zu entlocken. Mal streichelt er die Saiten fast träumerisch. Mal spielt er wild und temperamentvoll. Immer klingen seine Bearbeitungen von Gitarren- und Klavierstücken so, als seien sie für sein Instrument komponiert.
Mal elegant und walzerselig, mal feurig
Besonders schön erlebt man das bei den "Valses poéticos" von Enrique Granados. De Maistres Interpretation wirkt manchmal sentimental und schwermütig, ohne süßlich zu werden. Sie lässt den Hörer bei zart verebbenden Passagen den Atem anhalten, kann aber auch elegante Walzerseligkeit verströmen, witzig sein, in ihrer Virtuosität Erinnerungen an Chopin wecken. Das Spiel des Harfenisten wirkt nie gleichförmig, sondern ist lebendig und gewinnt durch sinnvolle Rubati, schlichtweg: es atmet, sein Klang ist schwerelos, engelsgleich. Es kann bezaubern, aber auch feurig klingen – vor allem, wenn die Kastagnetten der Mexikanerin Lucero Tena hinzukommen.
Ungewöhnlich ist sie, diese Kombination, sicher. Und offensichtlich konnten sich viele nicht vorstellen, wie Harfe und Kastagnetten zusammen funktionieren. Sonst wäre der große Saal der Musikhochschule sicher nicht nur zu zwei Dritteln besetzt gewesen. Aber: es funktioniert.
Rhythmische Akzente und Steigerungen
Wenn Lucero Tena agiert, gewinnt man manchmal den Eindruck als könnten Kastagnetten Melodien spielen. Verzaubert irgendwie. Man kennt das kleine Instrument meist zur Verstärkung des Rhythmus' beim Tanzen. Als Partner zur Harfe ist es an diesem Abend faszinierend. Da erlebt man dynamische Effekte von vorlaut-kräftig bis zu fast verlöschendem Piano. Tena setzt rhythmische Akzente, unterstreicht Melodiebögen, malt Steigerungen, etwa wenn es um die Darstellung des legendären Königreichs "Asturias" aus der Suite Española Nr. 1 von Isaac Albéniz geht.
Die ungewöhnliche musikalische Reise führte an diesem Abend quer durch Spanien, machte Station im Baskenland, in Granada und Zaragoza, in Andalusien und weckte Erinnerungen an die Alhambra. Zwei Ausnahmekünstler ließen sie zu einem unvergesslichen Erlebnis werden.