Schon im vergangenen Jahr war es wettermäßig wunderbar lauschig gewesen, als die Würzburger Philharmoniker zu ihrem Auftritt im Hofgarten baten, der ersten von jeweils zwei Nachtmusiken pro Mozartfest-Saison.
Diesmal hatten sie wieder Glück mit dem Sonntagsklima: Alles schien auf die mit der Bayerischen Schlösserverwaltung neu ausgehandelte 5000-Zuschauer-Obergrenze hinauszulaufen. Doch es kamen nur 3500 Besucher.
Das ist zwar immer noch eine stramme Zahl – die aber sicher unter den Erwartungen liegt, nachdem es im Juni 2014 wegen der damals auf 4000 Gäste beschränkten Hausordnung Zinnober gegeben hatte, weil über 4000 hinein wollten. Am musikalischen Programm kann das reduziertere Interesse nicht gelegen haben, es ist bei der Nachtmusik als Gesamtereignis eh Nebensache – und war ausgewogen.
Schade, dass aus dem wenig aussagekräftigen Programmblatt nicht hervorging, dass der Niedersachse Sebastian Beckedorf den ersten wirklich publikumsträchtigen Dirigierabend in Würzburg erlebte, wo er Stellvertreter von Generalmusikdirektor und Chef-Charismatiker Enrico Calesso ist.
Keine leichte Aufgabe – doch die erste Nachtmusik 2015 machte Beckedorf gut, mit sauberen Tempi und feiner Hand bei der Begleitung von Aniello Desiderio, dem sensiblen Gitarrero aus Neapel. Desiderio sollte – keine Frage bei dem Schmelz allein im Namen – mit dem recht hübschen A-Dur-Gitarrenkonzert des Apuliers Mauro Giuliani und dem sehr bekannteren Concerto de Aranjuez des Madrilenen Joaquín Rodrigo für mediterrane Stimmung sorgen.
Die „Egmont“-Ouvertüre
Dies gelang ihm spätestens im fein-herben Aranjuez-Adagio zauberhaft, weil die Gitarre entgegen Hofgarten-Tradition dezent verstärkt und damit bis hinten zu den Bastionen hörbar war, und weil die Würzburger Begleiter den sanften Ton dazu fanden. Ein Problemchen gab?s indes hernach, da Aniello Desiderio zwar eine eigene Zugabe vorbereitet hatte und selbige auch allgemein gewünscht gewesen wäre. Weil aber dem Publikum nicht ganz klar war, dass er nach seinen beiden Konzertbeiträgen nicht mehr später zur Gesamt-Zugabe erscheinen würde und lieber direkt weiterspielen wollte, ebbte der Applaus für ihn bald ab – woraufhin der stolze Süditaliener sein Gitarrenköfferchen packte.
Den Gitarrenkünsten folgte derweil noch Beethovens „Egmont“-Ouvertüre – ein tragisches Werk von breitwandiger und opulenter Instrumentierung, was sich in der Konkurrenz-Akustik des Drumherum immer gut behauptet und deswegen für etliche Hörer der meist bejubelte Höhe- und Schlusspunkt dieser Nachtmusik war, für manche allerdings nach Aniello Desiderio nicht leicht genug. Als erstgedachte Zugabe griff Beckedorf auf den vierten Satz der ganz am Anfang abgespulten Mozart?schen Kleinen Nachtmusik zurück, die nun mal Pflicht ist bei dieser Veranstaltung, aber der konturenloseste Programmpunkt war.
Damit lässt sich kein Blumentopf mehr gewinnen, beschlossen offenbar etliche Herrschaften auf den teuren vorderen Rängen und eilten respektlos von dannen, um für die Rückgabe des Pfand-Weinglases nicht länger anstehen zu müssen.
Ob der Aufbruchstimmung gab es keine weitere Zugabe, über die sich nach 90 Minuten Gesamtspieldauer die billigeren hinteren Reihen gefreut hätten. Selbst lauschige Abende enden eben nicht grundsätzlich kuschelig.