Nur zwölf Stationen hat Mario Adorfs aktuelle Lesereise. Eine davon ist Bad Kissingen. Im Interview spricht der 84-Jährige über die Freunde, die er dort hatte, junge und alte Schauspielkollegen und das Ende des Kapitalismus.
Mario Adorf: Ja, so etwas wird heute leider nicht mehr gemacht. Aber es war oft auch zu lang. „Die Affäre Semmeling“ hatte sechs Teile! Heute gibt es wohl auch kein Geld mehr, um so etwas Aufwendiges zu produzieren.
Adorf: Mir genügen 90 Minuten, um eine Geschichte zu erzählen.
Adorf: Es ist schon schade. Es wird alles noch schneller. Ich bin früher natürlich verwöhnt gewesen. Ich habe noch Fernsehen zu Zeiten gemacht, als es noch gar nicht gesendet wurde, es waren Testsendungen. Aber ich war auch bei Live-Fernsehspielen dabei, was für einen Schauspieler großartig ist. Doch diese Zeiten sind vorbei. Es ist alles sehr viel kommerzieller geworden, und es darf doch nichts mehr kosten. Es war schön, in gehaltvollen Sendungen dabei zu sein, aber die gibt es kaum noch.
Adorf: Das ist kein neues Problem. Das gab es schon immer. Meine Faustregel war: Von zehn Angeboten nehme ich nur eines an. Aber eines muss man annehmen, um im Geschäft zu bleiben. Sonst ist man ja auch kein Schauspieler mehr, sondern nichts.
Adorf: Nach dem Krieg gab es die Heimatfilme und Schnulzen. Danach wurde es eigentlich wieder besser. Dass die Qualität grundsätzlich abnimmt, würde ich nicht verallgemeinern. Es gibt gerade in den letzten Jahren wieder interessante deutsche Kinoproduktionen.
Adorf: Ich habe mit wunderbaren Menschen zusammengearbeitet. Aber es ist schwierig, jemanden herauszugreifen. Die Filme mit Volker Schlöndorff waren großartig, aber auch die Arbeit mit Senta Berger oder Angela Winkler, mit der ich schon die „Blechtrommel“ gedreht habe und jetzt auch wieder bei „Altersglühen“ zusammengearbeitet habe. Es gab immer welche, mit denen man gerne oft zusammen gedreht hat, aber auch welche, mit denen es selten vorkam, obwohl man sie sehr mochte. Zum Beispiel Max von Sydow oder mit dem leider verstorbenen Otto Sander. Ich freue mich immer, wenn ich Kollegen treffe, die etwas darstellen. Aber das wird auch seltener.
Adorf: Ja, da freue ich mich drüber. Auch wenn ich die ganz Jungen nicht kenne. Ich schätze Jürgen Vogel zum Beispiel, mit dem ich am Anfang seiner Karriere zweimal gearbeitet habe, oder Moritz Bleibtreu, mit dem ich zwar nie gedreht habe, den ich aber gut finde. Oder natürlich Christoph Waltz. Es gibt auch gute junge Regisseure.
Adorf: Meine Romy. Ich habe sie kennengelernt, da war sie 17 Jahre alt und schwebte auf ihrem Sissi-Ruhm. Da hat man sie als Schauspielerin noch gar nicht ernst genommen. Sie kam zu mir, weil sie gehört hatte, dass ich auf der Falckenberg-Schauspielschule gewesen war und sie die Schauspielerei von der Pike auf lernen wollte. Ich habe aber zu ihr gesagt, sie sollte nicht auf die Schauspielschule gehen, denn dort könne sie nichts mehr lernen. Sie war so begabt. Wir haben uns noch öfter gesehen und uns später, in den 60er, 70er Jahren, in Rom oft getroffen. Aber leider hatten wir da nicht mehr viel miteinander zu tun. Sie war eine wunderbare Frau, eine wunderbare Schauspielerin.
Adorf: Da müssen Sie mir verraten, wer das ist. Der ist ja gar nicht zu erkennen.
Adorf: Ich habe ihn ein paar Mal getroffen, aber nie mit ihm gearbeitet. Er war immer sehr angenehm. Ich habe mal eine angeblich wahre Geschichte über ihn geschrieben, aber an die konnte er sich nicht erinnern. Es ging um ein Mädchen, das in seinem Hotelzimmer aus dem Zimmer gestürzt ist und von der Markise aufgefangen wurde. Da konnte er sich aber nicht daran erinnern. Schon seltsam.
Adorf: Der Markusplatz. Ich habe sehr viel in Venedig gedreht, zu jeder Jahreszeit. An einem Morgen hatte es geschneit, und ich war der Erste, der seine Fußspuren dort auf dem Platz im Schnee hinterließ.
Adorf: Ich hatte Freunde dort. Es kam so, dass Schweinfurt einmal der Abstecherort der Münchner Kammerspiele war. Dort gab es damals aber keine guten Hotels, also wohnte man in Bad Kissingen. Ich kannte dort den Chefarzt einer Klinik, dessen inzwischen verstorbene Frau eine ehemalige Ufa-Schauspielerin war, Marina von Ditmar. Wir wurden alle sehr gute Freunde, und ich spielte dann noch häufiger im Theater und im Kurhaus. Es ist eine Ausnahme bei der Tournee, eine Anfangsstation, bei der man noch ausprobieren kann, obwohl die Premiere ja schon in Berlin war.
Adorf: Wir hatten darüber gesprochen. Ich fahre aber auf jeden Fall in diesem Jahr wieder nach Mayen. Eine Lesung ist schon vereinbart. Noch ist es nicht zu spät, auch das aktuelle Programm dort zu spielen.
Adorf: Es gibt da noch vieles andere. Wobei die Tournee aus der Idee entstanden ist, aus meinem nächsten Buch vorher einen Theaterauftritt zu machen, und nicht wie sonst andersherum. Von der Bühne hatte ich mich ja schon vor über zehn Jahren in Berlin verabschiedet.
Adorf: Das war nie politisch gemeint. Es wäre nur eine schöne Abrundung. Es gibt aber auch noch viele andere Rollen, die ich nie gespielt habe.
Adorf: Ich bin nur der Überzeugung, dass jeder -ismus irgendwann einmal zu Ende geht.
Adorf: Das kann ich nicht prophezeien. Ich fürchte nur, dass ich eine Umkehr nicht mehr erleben werde, so alt wie ich bin. Aber es ist bemerkenswert, welcher Zusammenhalt in Paris gezeigt wurde. Doch dass es eines solchen Anlasses bedarf, damit etwa das Amt des Präsidenten wieder an Gewicht gewinnt, ist schon seltsam.
Adorf: Ach, das wird alles immer etwas übertrieben. Ich hatte es nie darauf angelegt, diese Rollen zu spielen. Aber im Laufe der Jahre hat sich das ja geändert. Je mehr sich die Haarfarbe von Schwarz zu Silber gewandelt hat.
Adorf: Christoph Waltz. Er kann allerdings auch anders. Aber als ich ihn als SS-Mann in „Inglourious Bastards“ gesehen habe, wusste ich sofort: Dafür muss er den Oscar bekommen.