Kann im Zeitalter von Netflix, 4K und 3-D ein Stummfilm aus dem Jahre 1931 noch irgendjemanden bewegen? Und wie! Beim Filmkonzert der Würzburger Philharmoniker unter Leitung von Gastdirigent Stefan Geiger im Würzburger Mainfranken Theater konnte sich das Publikum davon anschaulich überzeugen.
Lautes Gejohle, bedauerndes „Oh!“ und frenetischer Jubel begleiteten die Vorführung, die in Zusammenarbeit mit dem Programmkino Central stattfand. Nach dem gelungenen Debüt mit „Nosferatu“ im vorigen Jahr hatten sich die Musiker nun Charlie Chaplins Klassiker „Lichter der Großstadt“ vorgenommen – mit Erfolg: im voll besetzten Theater sah man leuchtende Gesichter aller Altersklassen. Humor, gute Geschichten und vor allem wunderbare Musik sind eben alters- und zeitlos. Spielfreudig und auf den Punkt untermalten die Philharmoniker die Geschichte um Chaplins gutherzigen Tramp, der sich in ein blindes Blumenmädchen verliebt und für deren Wohl sogar ins Gefängnis geht. Als der Film 1931 seinen Siegeszug in den Kinos antrat, war der Tonfilm längst etabliert. Charles Chaplin aber fürchtete sich davor, seinem „Tramp“ – Markenzeichen weite Hose und Melone – eine Stimme zu geben.
Die Entscheidung für die Pantomime erwies sich als goldrichtig, denn „Lichter der Großstadt“ (Original: „City Lights“) wurde zum bis dato größten Erfolg seiner Karriere. Vielleicht nicht zuletzt auch wegen der exorbitant schönen Filmmusik, an der Chaplin damals erstmalig selber mitkomponierte. Ob bei ausschweifenden Partys, einem aussichtslosen Boxkampf, bei wirbelnden Tanzszenen, Schießereien oder leisen Flirtversuchen: Chaplins Musik füllt die perfekt choreografierten Bilder mit Leben, Seele und tatsächlich – auch mit Sprache.
Tosender Beifall
Die Würzburger Musiker begleiteten auf den Punkt, mit Leidenschaft und Perfektion und trugen so die Zuhörer und Zuschauer mit Dynamik und Tempo durch die rund 90 Minuten Film. Mit großem Beifall und stehenden Ovationen wurde die energiegeladene Darbietung am Ende bedacht. Stefan Geiger, Chefdirigent des Orquestra Sinfonica do Paraná in Brasilien, hat Erfahrung mit Filmmusiken: Mit dem NDR-Sinfonieorchester hat er Filme wie „The Artist“ und „Ben Hur“ begleitet. Beim Konzert im Mainfranken Theater musste er immer wieder auf die Bühne, um sich zu verbeugen – schade, dass seine Musiker dem tosenden Beifall aus dem dunklen Orchestergraben lauschen mussten.
Die letzte Verbeugung aber galt schließlich sowieso der Filmleinwand und damit dem eigentlichen Meister, Charlie Chaplin, der mit seiner Pantomime und Musik auch fast 40 Jahre nach seinem Tod immer noch verzaubert. Foto: dpa