Magnum-Fans sind treue Leute. Wer einmal dem etwas tapsigen Charme dieses gut aussehenden, leidlich scharfsinnigen, rechtschaffenen, aber auch ziemlich naiven Privatdetektivs erlegen ist, der wird sich nicht so schnell wieder von ihm abwenden. Vielleicht gerade weil die Plots so vorhersehbar sind, vielleicht aber auch, weil wir uns wünschen, diesem Thomas Magnum irgendwie ähnlich zu sein. Er ist kein richtiger Held, aber auch kein richtiger Antiheld. Sein Leben ist ein komfortables Provisorium, dessen kurze Phasen der Ereignislosigkeit (also die Exposition jeder Folge) alsbald in ein mehr oder weniger gut koordiniertes Krisenmanagement münden, das fast immer zu einem guten Ende führt.
Dafür sieht der Magnum-Fan bereitwillig über so manche Unwahrscheinlichkeit der Handlung hinweg, über holprige Kameraführung, schlechten Ton, suboptimal belichtete Bilder, schäbige Sets (aus zweiter Hand übrigens) und hölzerne Dialoge sowieso. Denn seit die Serie in den 1980ern zum ersten Mal lief, gehört sie zum kollektiven Fernsehgedächtnis vor allem der heutigen Mittvierziger bis Mittfünziger, auch wenn manches – und nicht nur im Vergleich zu den durchgestylten Hochglanzserien dieser Tage – reichlich angestaubt wirkt. „Columbo“, zehn Jahre zuvor gestartet, ist nicht wirklich gealtert, auch „M*A*S*H“ ist nicht wirklich gealtert. „Magnum“ schon.
Aber es muss diese Mischung aus vertrautem Personal und exotischer Umgebung gewesen sein, die jede Folge zu einem Ereignis werden ließ. Die – im Rückblick gar nicht so besonders idyllischen – Bilder aus Hawaii, der rote Ferrari, die Strandschönheiten, die angesagten Clubs – irgendwie fühlte man sich bei Magnum, Higgins, Rick und T. C. in guter Gesellschaft. Man wusste genau, welche Frauen auf Tom Selleck (Magnum) abfuhren und welche auf Roger E. Mosley (T. C.). Und wenn die knackige E-Gitarre der Titelmusik einsetzte, trat man willig ein in eine Welt, in der immer die Sonne schien, in der immer eine leichte Brise die nackte Haut liebkoste, und in der Männer in ultrakurzen Shorts, grellbunten Hemden und albernen Helmfrisuren ebenso wenig lächerlich wirkten wie die aufgefönten Schönheiten des Strandes und der Nacht mit bierdeckelgroßen Lidschatten über allzeit weit aufgerissenen Kulleraugen.
Es war die Zeit, als man Fernsehen noch in Echtzeit schaute. Als der Videorekorder nur zum Einsatz kam, wenn man wirklich keine Zeit hatte, live dabei zu sein. Denn Fernsehen war ein Live-Erlebnis, auf das man sich von Woche zu Woche freute und über das man sich tags darauf austauschte. Dabei ist nahezu jede Folge – grob vereinfacht – nach dem gleichen Muster gestrickt: Eine geheimnisvolle Schöne beauftragt Magnum, sie selbst, ihren Mann, ihre Wertsachen oder ihr Schoßhündchen zu beschützen. Es stellt sich heraus, dass sie nicht die ist, die sie vorgibt zu sein, aber Magnum ist längst zu verknallt, um den Fall deshalb hinzuschmeißen.
Auf dem Weg zur Lösung wird er T.C. zu teuren Hubschrauber-Suchflügen und Rick zu gefährlichen Erkundigungen in der Unterwelt nötigen. Er wird zu seiner Klientin stehen, obwohl alle ihm dringend nahelegen, das Weite zu suchen. Er wird Dinge aufstöbern, die alle Beteiligten lieber im Dunkel gelassen hätten. Und zum Schluss stellt sich heraus, dass er irgendwie doch von Anfang an alles durchschaut hat. Oder nicht, dann bleibt er ziemlich bedröppelt zurück, während seine Freunde sich schulterzuckend abwenden und wieder ihren eigenen Geschäften nachgehen.
Mit jeder Folge schuldet Magnum seinen beiden Ex-Vietnamkriegs-Kameraden ein paar Gegengefallen mehr, aber das kümmert ihn nicht weiter. Man hat einander damals im Dschungel so oft das Leben gerettet, dass es darauf nun auch nicht mehr ankommt. Außerdem ist Magnum sowieso immer pleite. Geld zieht er nur aus der Tasche, wenn er einen Portier oder einen Kellner bestechen muss, aber außer den paar Fünf-Dollar-Scheinen, die er vor jeder Folge zugesteckt bekommt, ist er blank.
Er lebt im Gästehaus des berühmten, reichen (und unsichtbaren) Schriftstellers Robin Masters. Dessen Majordomus Higgins (T. C. nennt ihn beharrlich Higgybaby) ist ein steifer Brite (Tony Hillerman), der nichts lieber tut, als seine beiden Dobermänner Zeus und Apollo auf Magnum zu hetzen. Er ist mit seinem Hang, Magnum zu schikanieren, sozusagen das fest eingebaute retardierende Moment.
Magnum ist also ein eher erfolgloser Schnorrer, der nie wirklich auf einen grünen Zweig kommt. Aber vermutlich haben wir ihn genau deshalb so ins Herz schlossen. Legendär sind seine Monologe aus dem Off: „Ich weiß, was Sie jetzt denken, und Sie haben recht.“ Tom Selleck war gut in der Rolle, seine späteren Auftritte in der Outing-Komödie „In and Out“ oder in „Boston Legal“ waren weitaus besser. Aber wie gesagt: Magnum-Fans sind treue Leute.