Natürlich greift das Schlagwort "Liebesgeschichten" zu kurz: Das neue Programm des Torturmtheaters Sommerhausen (Lkr. Würzburg) widmet sich nichts weniger als dem Finden und Gestalten von Lebensräumen. Oder, wie es Theaterchefin Angelika Relin formuliert: "Es geht um die ewige Suche nach dem Glück." Und dabei spiele die Paarbeziehung als kleinste Keimzelle unserer Gesellschaft naturgemäß eine entscheidende Rolle. Gespielt wird übrigens von nun an wieder oben im Theater und nicht mehr im Foyer - was die szenischen Möglichkeiten erheblich erweitert.
12. April bis 10. Juni: Nick Hornby, "Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst"
Wenn jemand meisterhaft und komisch beschreiben kann, wie die Dinge schiefgehen, dann ist das Nick Hornby. Louise ist fremdgegangen, Tom ist ausgezogen. Aber die beiden haben zwei Kinder miteinander und wollen ihre Ehe nicht kampflos aufgeben. Jede Woche gehen sie zur Paartherapeutin, jede Woche treffen sie sich vorher in einem Pub. Das Stück besteht aus diesen Treffen: Es sind gegenseitige Vorab-Analysen, die sich zu geistreichen rhetorischen Duellen ausweiten. Nicht umsonst lautet der Untertitel "Eine Ehe in zehn Sitzungen".
Tom ist Musikkritiker und nie richtig erwachsen geworden, Louise als Ärztin längst in der Realität angekommen. Er findet die Paartherapie eigentlich unnötig, sie hingegen hofft, dabei herauszufinden, was sie mit dem Rest ihres Leben machen soll. Ob er darin vorkommt, scheint also durchaus nicht ausgemacht. Mit Nicola Trub und Boris Pietsch habe sie genau die richtige Paarung gefunden, sagt Angelika Relin: "Das ist nie ganz einfach, denn neben der schauspielerischen Qualität muss es einfach auch von den Personen her passen." Und da sei es vor allem schwer, die richtigen Männer zu finden: "Ab einem bestimmten Alter sind sie entweder so arriviert, dass sie für uns nicht mehr erreichbar sind, oder sie sind schon aus dem Beruf raus."
15. Juni bis 5. August: Dennis Kelly, "Girls & Boys"
Weiter geht es mit einem Monolog. Eine namenlose Frau erzählt von ihrer Ehe. Wie sie und ihr späterer Mann einander kennenlernten, wie sie ein Paar wurden, obwohl er ihr anfangs eher unsympathisch war. Wie sie eine Familie gründeten, Kinder bekamen. Wie sich die Verhältnisse allmählich änderten: Sie fing wieder an zu arbeiten, wurde erfolgreich, wobei er sie durchaus unterstützte. Doch dann geriet sein Geschäft ins Trudeln und damit auch die Ehe. Plötzlich waren die alten Rollenmuster zwischen Mann und Frau wieder da. Der Mann kompensierte seine Frustration mit Lautstärke und Gewalt. Das Paar trennte sich.
"Das Stück hat mich beim Lesen nicht mehr losgelassen", sagt Angelika Relin. "Die Frau erzählt ihre Geschichte mit einfacher, schöner Sprache." Im Verlauf dieser Erzählung wird klar: Es ist etwas passiert. Etwas, das das Leben der Frau in ein Vorher und ein Nachher trennt. Etwas, das die Frage aufwirft, wie sie es überhaupt schaffen soll, weiterzuleben. Es inszeniert Ercan Karacayli.
10. August bis 23. September und 30. November bis 17. Dezember: Ingrid Lausund, "Bin nebenan"
Ein Stück aus lauter kleinen Einzelszenen, Minitaturen, die dennoch irgendwie miteinander verbunden sind. Theaterchefin Angelika Relin fasst es so zusammen: "Es geht um Glückritter, die versuchen, ihr Leben zu meistern." Da ist zum Beispiel der Mann, der aus purem Trotz ein Sofa kauft, das ihm nicht gefällt, weil es ihn dermaßen erzürnt, dass das Marketing längst vor ihm weiß (und damit richtig liegt), welches ihm eigentlich gefällt. Oder da ist die Frau, die ihr Bad in einen kleinen Wellnesstempel verwandelt und sich so tief in ihren Prinzessinnenfantasien verliert, dass sie plötzlich Angst vor ihren imaginären Dienern bekommt.
Daniela Voß und Armin Hägele spielen in der Regie von Eos Schopohl Menschen, die vor allem eines verbindet: Vereinsamung und die Sehnsucht nach dem kleinen Glück. So wie die unglückliche Ehefrau, die es einfach nicht fertigbringt, ihren Mann zu verlassen, weil sie dann ihre schöne Wohnung aufgeben müsste.
28. September bis 25. November: Norm Foster, "Zwei wie wir"
Das Stück steht inzwischen zum vierten Mal auf dem Spielplan, dreimal hat Corona es wieder gestrichen. "Das muss oben im Theater gespielt werden. Die Minibühne im Foyer war einfach zu klein dafür", sagt Angelika Relin. "Also haben wir es aufgeboben." Nun also, im Herbst 2023 soll es endlich, weiterhin in der Regie von Ercan Karacayli, klappen.
Nora und Rudy waren einmal verheiratet. Es hat nicht geklappt. Der simpel gestrickte Rugbyfan und die Intellektuelle hatten einfach zu wenig gemeinsam. Die unterschiedliche Bewältigung einer gescheiterten Schwangerschaft brachte die beiden schließlich ganz auseinander. Jahre später begegnen sie sich wieder. Zufällig, oder vielleicht auch nicht. Die beiden beginnen da, wo sie einst aufgehört hatten, fangen an, die Trennung aufzuarbeiten, und stellen fest, dass da noch was ist. Oder noch werden kann. Etwas, wozu sie damals noch nicht reif genug waren: einander in ihrem jeweiligen So-Sein nicht nur zu akzeptieren, sondern auch anzunehmen.