
Mit sieben Auszeichnungen war „La La Land“ der Überflieger bei der Verleihung der Golden Globes in Los Angeles. Es ist aber auch ein Ding der Unmöglichkeit, sich dem entwaffnenden Charme dieses Films zu entziehen. Der Musicalfilm, schon oft für tot erklärt, wird hier quicklebendig. Morgens auf einem Freeway in L.A. Die Autos stehen Stoßstange an Stoßstange. Aus heruntergekurbelten Fenstern klingen Musikfetzen. Dann steigt eine Fahrerin aus, blinzelt in die Morgensonne und beginnt zu singen.
Binnen weniger Sekunden wird der Autobahnabschnitt zur Partymeile. Die akrobatische Tanzchoreografie führt über Wagendächer und Leitplanken hinweg, während das rege Treiben in einer eleganten Kamerafahrt ohne Schnitt eingefangen wird. Dann kommt der Verkehr wieder in Bewegung. Alle steigen ein und fahren weiter, als wäre nichts gewesen. Es ist dieser Moment, in dem sich das scheinbar Alltägliche in jenen Traum aus Tanz, Musik und Gesang verwandelt, der das Musical von jeher ausgezeichnet hat.
Schwerelos
Regisseur Damien Chazelle, der mit seinem Debütfilm „Whiplash“ bereits die Grenzen zwischen Musik und Wirklichkeitsverlust erkundet hat, zelebriert diese Momente, wie man es schon sehr lange nicht mehr gesehen hat. Räume werden in ein buntes Licht- und Farbenmeer getaucht, sobald die Melodie auf dem Klavier angespielt wird oder sich eine Stimme zum Gesang erhebt. Auf einer sommerlichen Poolparty beginnt es kurz zu schneien, einfach weil es schön aussieht. In einem Planetarium verliert die Erdanziehung alle Macht über die Liebenden und sie erheben sich schwerelos singend in den Sternenhimmel hinein. Kitsch? Ironie? Keins von beidem, sondern die unbändige Lust am Genre und seinen entgrenzten Ausdrucksmöglichkeiten. Natürlich geht es um Liebe und um Lebensträume und darum, dass beides einander beflügelt und sich gegenseitig im Wege steht.
Mia (Emma Stone) arbeitet in einem Coffee-Shop auf einem Studiogelände und hofft, eines Tages vor die Kameras der Traumfabrik zu gelangen. Sebastian (Ryan Gosling) ist ein chronisch verschuldeter Pianist, der davon träumt, seinen eigenen Club aufzumachen und den Ignoranten des 21. Jahrhunderts die Freuden des Jazz nahezubringen. Erst nach einigen – durchaus überraschenden – romantischen Fehlzündungen finden beide zueinander.
Gosling und Stone geben ein hinreißendes Leinwandpaar ab, das eine entspannte Sexyness abstrahlt. Wenn sie auf einer Bank sitzen und ihren Füßen zuschauen, die gerade ihre ersten Steptanzschritte machen, ist das auch eine augenzwinkernde Analogie für die sich verselbstständigenden Gefühle. Man schaut den Liebenden selbst dann gerne zu, wenn gerade die Erfüllung ihrer Träume sie auseinandertreibt. Denn bis dahin hat „La La Land“ schon so viele Glückshormone ausgeschüttet, dass ein Schuss Melancholie und das Wissen um die Möglichkeiten wie die Vergänglichkeit der Liebe dieses herzerwärmende Kinoerlebnis nur noch mehr versüßt: • • • • •
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