Der Mann hat viele Gesichter. Kurt Egreder, von Beruf Fachhochschulprofessor für Vermessung und Geoinformatik, schlüpft auf der Bühne von einer Haut in die nächste. Er kann griesgrämig, verschmitzt, frech, raffiniert, gediegen, angetrunken oder ernsthaft sein. Und schlitzohrig. Dann kneift er die Augen leicht zusammen und tut so, als könnte er kein Wässerchen trüben. Am 29. Januar wird der leidenschaftliche Hobbyschauspieler 65 Jahre alt.
Auf den Brettern, die seit mittlerweile 25 Jahren seine Freizeit-Welt bedeuten, spielt er am liebsten Komödien. Und erinnert sich freudig und lebhaft an die Rolle seines Lebens. Das war 2008 bei den Freilichtspielen des Theater Chambinzky am Würzburger Stein. Da war er Schwejk, der brave Soldat. Als gehorsamer Strammsteher, windelweicher Wendehals, republikanischer Charakterlump oder kaisertreuer Untertan konnte Kurt Egreder alle Register seines darstellerischen Könnens ziehen, im böhmischen Singsang deklamieren.
„Den Klang des Dialekts hab' ich von Kindheit an im Ohr gehabt“ erzählt Egreder, denn Vater und Großeltern stammen aus Böhmen. Natürlich gibt es außer dem Schwejk viele andere Rollen in seinem Schauspielerleben, die ihm neben rheinländischen, bayerischen, berlinerischen Dialekten immer wieder Charakterstudien und Verwandlungskunst abverlangt haben.
Kurt Egreder, 1948 im hessischen Rodgau geboren, verheiratet und Vater einer 14- und einer 19-jährigen Tochter, interessierte sich von Jugend an für alles, was mit Theaterspiel zusammenhängt, füllte seine Studienjahre nicht nur mit Lernen und Prüfungen, sondern auch mit regelmäßigen Besuchen der Theater von Frankfurt, Darmstadt und Offenbach. Und gelangte nach ersten Bühnenerfahrungen auch kurz nach seinem beruflichen Start in Würzburg schnell auf die Bühnenbretter. Dort wird er auch weiterhin zu sehen sein.
„Der 65. Geburtstag bedeutet für mich das Ende der Lebensarbeitszeit“, so Egreder, der das Sommersemester noch als Professor abdecken wird. „Es ist eine gesunde Entwicklung, dass ich nach 27 Jahren und dem kommenden Sommersemester aufhöre“. Den neuen Lebensabschnitt wird er mit Rollenstudien, Auftritten und dem Umsetzen vieler Ideen zu füllen wissen.
Fotografisches Gedächtnis
Durch sein fotografisches Gedächtnis fällt dem jugendlich wirkenden Jubilar mit dem Schalk in den Augenwinkeln das Textlernen nicht schwer. Außerdem verfasst er immer wieder kleine Theaterstücke, acht sind in einem Bonner Verlag veröffentlicht und „werden heftig gespielt“. Und der Nachwuchs liegt Egreder am Herzen. So plant er, der Märchen liebt und Grausamkeit und Sexismus im Märchen als oberflächliche Vorurteile abtut („Es muss nicht alles weich gespült sein“), Märchenlesezeit für Kindergarten-Kinder, richtet sie für die Bühne ein und denkt sich selbst welche aus.
Mit dem Älterwerden hat Egreder keine Probleme. „Solange keine größeren Blessuren kommen, solange ich körperlich und geistig fit bin, bin ich gern so alt, wie ich bin.“ Der halbrunde Geburtstag wird gemeinsam mit lieben Menschen in der „Woischeuer“ in Mespelbrunn gefeiert.