
Wir Maximilian Joseph, von Gottes Gnaden König von Baiern, entbiethen Allen und Jeden, welche dies lesen oder lesen hören, unsere Gnade und unsern Gruß.“ So beginnt das „Königliche Patent“, mit dem der erste bayrische König am 19. Juni 1814 den Aschaffenburger Bürgern und Beamten verkündet, dass sie von nun an einem neuen Herrscher zu gehorchen haben. „Wenn man das Patent liest, bekommt man ein bisschen Gänsehaut“, sagt Thomas Richter von den Museen der Stadt Aschaffenburg.
Er hat das Schriftstück, das normalerweise im Aschaffenburger Schlossmuseum zu sehen ist, auf die Reise nach Schweinfurt geschickt. Dort ist es noch bis zum 5. Oktober im Rahmen der Aktion „Kunst geht fremd“ zu sehen. Es erzählt von den Umwälzungen des Jahres 1814, die sich zum 200. Mal jähren und Anlass geben, einen Blick auf die Geschichte Unterfrankens als Teil von Bayern zu werfen.
Aber auch wenn sich „Besitzergreifungspatent“ zunächst etwas unfreundlich anhört, ist die Geschichte Aschaffenburgs als Teil von Bayern als Erfolgsgeschichte zu werten: Bis heute profitiert die Stadt von den Strukturen des Freistaats und ihrer gleichzeitigen Zugehörigkeit zur Metropolregion Frankfurt. Von Unterwerfung ist die Rede, von vollkommenem Gehorsam, Untertänigkeit und Treue. Liest man das Schriftstück, so ist ziemlich schnell klar, dass mit „Patent“ nicht das gemeint ist, was wir heute unter dem Begriff verstehen. Heute würde man eher Befehl oder Order sagen. „Es handelt sich um eine Verlautbarung, dass ein juristischer Wechsel stattfindet“, sagt Thomas Richter.
Aschaffenburg hatte vom späten 10. Jahrhundert an über 800 Jahre lang zum Erzstift Mainz gehört, ab 1797 war es Hauptresidenz der Erzbischöfe. 1803 wurde die Stadt dann säkularisiert, Carl Theodor von Dalberg wurde als Günstling Napoleons „Kurerzkanzler“ im Fürstentum Aschaffenburg und schloss sich den Rheinbundstaaten an. Nach dem Ende der Napoleonischen Ära fiel die Stadt im Jahr 1814 an das Königreich Bayern. Als König Max I. sein Besitzergreifungspatent aufsetzte, war ihm klar, dass er im mainzisch geprägten Aschaffenburg nicht nur auf Gegenliebe stoßen würde. Daher entsandt er den Militär Karl Philipp von Wrede nach Aschaffenburg, um den Übergang zu überwachen.
„Man muss sich vorstellen, dass das ein immenser Verwaltungsaufwand war“, so Richter. Wrede, ein geschickter und erfahrener Politiker, erwies sich als Idealbesetzung für die Aufgabe. „Alles ging sehr gut über die Bühne, es gab keinerlei Aufstände oder Unruhen“, fügt Richter hinzu. „Die Leute hatten wohl einfach genug vom Krieg.“ Aber auch König Max und sein Minister Montgelas trugen ihren Teil zum Gelingen des friedlichen Übergangs bei. Das macht auch das Patent vom 19. Juni 1814 deutlich, das den neuen Untertanen nicht nur Gehorsam abverlangt, sondern auch Schutz, Wohlfahrt und Fürsorge verspricht. Richter: „Der König ließ die Menschen nicht im luftleeren Raum, sondern sicherte ihnen zu, dass alles in geordneten Bahnen verläuft.“ Und München hielt seine Versprechen: Aschaffenburgs Wirtschaft tat einen Satz nach vorn. Nachdem der Main schiffbar gemacht worden war, blühten vor allem die Papier- und Textilindustrie auf. Zusätzlich profitierte die Stadt von ihrer Mittelstellung als Teil von Bayern, aber gleichzeitig mit einem Bein in der Rhein-Main-Region stehend. „Bayern stand schon damals für Modernität“, erläutert Richter.
Dabei war bereits Dalberg ein Modernisierer gewesen. „Dalberg war fortschrittlich, aufgeschlossen und hat viel für den Rechtsstaat getan, bis hin zur Emanzipation der Juden“, berichtet der Museumschef. Im Schlepptau Napoleons gelang es ihm, merkantile Strukturen zu schaffen, Schulen, ein Theater, eine Musikschule und sogar eine Universität zu errichten. Unter der Münchner Herrschaft verlor Aschaffenburg zunächst an Einfluss. Theater und Musikschule durften bleiben, die Uni aber war dem bayrischen König zu viel des Guten. Einer, der Aschaffenburg besonders verbunden war, war Ludwig I.: Er liebte die Stadt, schon als Kronprinz hatte er zeitweise seinen Wohnsitz im „bayrischen Nizza“. Später ließ er dort auf einem Weinberg das Pompejanum, die Nachbildung eines römischen Wohnhauses, errichten.
„Ludwig war oft hier, er genoss die Lage der Stadt, die gute Erreichbarkeit und wohl auch die Freiheit, die er hier im Gegensatz zu München hatte“, so Richter. Dalberg musste nach seiner Abdankung 1814 ins Exil nach Regensburg, wo er 1817 starb. Mit seinem Herzen jedoch blieb er in Aschaffenburg. Er verfügte daher, dass sein Herz in einer Silberschatulle in der Aschaffenburger Stiftskirche bestattet werde, wo es noch heute zu finden ist.
Museum Altes Gymnasium
Das Museum Altes Gymnasium Schweinfurt befindet sich in einem Renaissance-Gebäude von 1582. Die Sammlung zeigt Objekte aus der Stadthistorie – von der Frühgeschichte über das Mittelalter und die Reichsstadtzeit bis hin zur Industrialisierung. Eine Abteilung ist dem Dichter Friedrich Rückert gewidmet. Museum Altes Gymnasium, Martin-Luther-Platz 12. 4, 97421 Schweinfurt, Tel. (0 97 21) 51-47 33; geöffnet Freitag 14-17 Uhr, Samstag und Sonntag 10-13 und 14-17 Uhr.