Ungebeugt stand Kris Kristofferson am Mittwochabend 90 Minuten lang auf der Bühne im schönen Nürnberger Serenadenhof. 1200 Zuschauer applaudierten ihm zum Abschluss stehend, aber – auch wenn das uncharmant klingt – die Ovationen galten eher seinem Lebenswerk und seinen großen Songs als nun diesem speziellen Auftritt.
Kristofferson wird an diesem Freitag 82 Jahre alt; er wirkt nicht jünger. Stattlich ist er noch immer, ganz in Schwarz gekleidet, mit grauer Mähne und Bart. Aber als er auf die Bühne schreitet, wirkt er auch – Verzeihung – wächsern. Im vergangenen Jahr trat er überwiegend solo auf, vergaß stellenweise seine Texte. In diesem Jahr lässt er sich begleiten von drei Musikern der Strangers, die lange mit Kristoffersons Kumpel Merle Haggard auf Tour waren. Eine gute Entscheidung: Die drei Begleitmusiker unterstützen ihn an Schlagzeug, Keyboards und Geige, halten das Tempo, bringen Abwechslung rein. Geiger Scott Joss ist Kristoffersons wichtigste Bezugsperson auf der Bühne, nickt ihm zu Beginn der Stücke aufmunternd zu, hält den Daumen hoch am Ende.
Bewegtes Leben
Nach drei, vier Stücken taut Kristofferson auf, kommt ein wenig ins Rollen. Viele seiner größten Songs spielt er gleich am Anfang, fast so, als wisse er selbst nicht, wie lang er das Konzert durchhalten wird. „Me & Bobby McGee“, das Janis Joplin groß rausbrachte, kommt als dritter Song. „Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, nichts mehr zu verlieren zu haben“, schrieb Kristofferson.
Der gebürtige Texaner studierte dank eines renommierten Stipendiums Literatur in Oxford/England, wurde Hubschrauberpilot bei der US-Army und dann ein besonderer Songschreiber. Johnny Cash ist nur einer von vielen, die seine Titel aufgenommen haben. Auch in Hollywood reüssierte Kristofferson, spielte in unzähligen großen Filmen, „Pat Garrett & Billy The Kid“, „Convoy“, „Lone Star“ und vielen mehr.
Großes Charisma
Sein großes Charisma blitzt in Nürnberg auf, wenn er seine wunderbaren Texte singt, die Menschlichkeit in einfachen Worten abbilden. „Here Comes That Rainbow Again“, „Help Me Make It Through The Night“, „Jody & The Kid“ – berührende Lieder. Das muss genügen. Kristofferson, der einst gegen den Vietnamkrieg, Reagan und die Iran-Contra-Affäre protestierte, reiht einen Song im gemächlichen Country-Rhythmus an den anderen. Politische Kommentare oder andere Ansagen bleiben aus.
Ab und zu streuen The Strangers flottere Nummern ein und verschaffen dem Sänger eine Verschnaufpause. Das Publikum freut sich über Countryklassiker wie „Okie From Muskogee“ oder „Daddy Frank“.
Am Ende singt Kristofferson „Why Me, Lord?“ (Warum ich, Gott?), über das Johnny Cash einst scherzte, Gott habe einen Song namens „Why Me, Kris?“ geschrieben. Und zum Abschluss „Please Don't Tell Me How The Story Ends“ (Bitte sag mir nicht, wie die Geschichte endet) – er weiß schließlich selbst, wie's ausgeht. Die Songs werden bleiben.
