Der Tod hat eine eigene Stimme. Sie hat einen warmen Ton, der Vertrauen erweckt anstatt Schrecken. Wenn er die Menschen holt – und es sind viele in der Zeit des Zweiten Weltkrieges, in der diese Geschichte angesiedelt ist – dann umarmt er sie, fängt ihre Seelen auf und trägt sie davon. Markus Zusaks Jugendroman „Die Bücherdiebin“ ist ein kühnes Buch. Nicht nur, weil es dem Tod eine Stimme gibt, sondern auch, weil es entscheidende Wendungen durch seinen Erzähler vorwegnimmt.
Von diesen narrativen Wagnissen, die den Roman des australischen Autors in die Bestsellerlisten katapultierten, ist Brian Percivals Kinoversion weit entfernt. Im Zentrum steht die junge Liesel (Sophie Nélisse), die, nachdem ihre Mutter als Kommunistin vor den Nazis fliehen musste, zu Pflegeeltern in einem fiktiven Vorort von München gebracht wird.
Rosa Hubermann (Emily Watson) ist eine hartherzige Frau; aber zu ihrem Mann Hans (Geoffrey Rush) fasst das Mädchen bald Vertrauen. Von ihm lernt sie lesen und schreiben. Die Faszination für literarische Welten macht Liesel zur Bücherdiebin, die nach einer Bücherverbrennung der Nazis das qualmende Druckerzeugnis unter ihrer Jacke versteckt.
Aus der Sicht des Kindes erzählt „Die Bücherdiebin“ von Totalitarismus und Krieg. Aber der Film kann den emotionalen Kosmos des Romans nicht erschließen, der die Ängste des Mädchens eng führt mit dem ganz normalen Glück der Kindheit. Stattdessen werden die Klischees, mit denen seit jeher das „Dritte Reich“ im Kino visualisiert wird, aneinandergereiht.
Auch die Besetzung mit Geoffrey Rush, der hier seinen Drang zum Überzeichnen in Zaum halten muss, und Emily Watson, die den weichen Kern unter der harten Schale ihrer Figur viel zu früh preisgibt, wirkt eher suboptimal. Vom philosophischen Zauber des Romans, von der heilsamen Kraft des Lesens und der daraus erwachsenden humanistischen Courage, ist in dieser uninspirierten Literaturverfilmung kaum etwas zu spüren: • • ο ο ο ο
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