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DIE SPRACHE DES HERZENS:
Kino: Annäherung an ein ungewöhnliches Kind
Behutsame Annäherung: Schwester Marguerite (Isabelle Carreal, links) und die taubblinde Marie (Ariana Rivoire).
Foto: Concorde Film | Behutsame Annäherung: Schwester Marguerite (Isabelle Carreal, links) und die taubblinde Marie (Ariana Rivoire).
reda
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:11 Uhr

Für Schwester Marguerite (Isabelle Carré) ist es Liebe auf den ersten Blick, als sie Marie (Ariana Rivoire) zum ersten Mal sieht. „Heute bin ich einer Seele begegnet“, vertraut sie ihrem Tagebuch an, „einer kleinen, zerbrechlichen Seele. Sie hat auf mich gewartet, gefangen in der Finsternis und Stille.“ Aus ihrem Gefängnis kann sie diese Seele nicht befreien. Ihr Leben darin jedoch erträglicher, reicher zu machen, ist eine Aufgabe, die Marguerites Herz erfüllen wird.

Für Marie hingegen beginnt die Liebe mit einer Berührung. Zunächst wehrt sie sie heftig ab, denn das taubblinde Mädchen nimmt jede Berührung als eine Bedrohung wahr. Ihre Eltern wollen das wilde Kind, sichtlich schweren Herzens, in die Obhut des Instituts von Larnay geben, das sich der Erziehung taubstummer Kinder widmet. Die Oberin weist das Gesuch von Maries Eltern zunächst ab, denn wie kann man einer Blinden die Zeichensprache der Taubstummen beibringen? Doch widerwillig gibt sie schließlich Marguerites Drängen nach, das Mädchen zu betreuen.

Jean-Pierre Améris' neuer Film „Die Sprache des Herzens“ beruht auf einer wahren Begebenheit aus den 1890er Jahren und steht in der Tradition von Arthur Penns „Licht im Dunkel“ und François Truffauts „Der Wolfsjunge“, die von unermesslich mühevollem Spracherwerb erzählen. Er ist als taktvoller Überschwang der Sinneserfahrungen inszeniert: jener, die Marie erlebt, und jener, die ihr verwehrt sind. Améris verleiht der erzieherischen Hingabe einen romantischen Zug: „Die Sprache des Herzens“ handelt vom Eröffnen von Möglichkeiten.

Marie leistet zuerst erbitterten Widerstand. Nie zuvor wurden ihre Haare gekämmt, nie musste sie Schuhe tragen oder ein Kleid anziehen. Der Versuch, ihr das Essen mit einem Löffel beizubringen, endet in einem Tumult. In den ersten Monaten machen Schwester Marguerite und ihr Schützling keine Fortschritte.

Und alles darf in dem Film zur rechten Zeit geschehen. „Du hast gute Arbeit geleistet“, sagt die strenge Oberin am Ende zu Marguerite. Das stimmt zur Hälfte. Denn der Lernprozess war wechselseitig. Zwei Menschen, das macht der Film deutlich, haben durch ihr Gegenüber eine neue, fremde Welt entdeckt. Die beiden Hauptdarstellerinnen stehen großartig dafür ein.

Die letzten Jahrzehnte ihres Lebens, klärt ein Abspanntitel auf, verbrachte Marie Heurtin als begeisterte Leserin und war unschlagbar im Dominospiel. Aus der kleinen, zerbrechlichen Seele wurde eine robuste, weise Seele: • • • • • ο epd

Cineworld im Mainfrankenpark (FSK ab 6)

 
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