Die Geschichte – für Regisseur Joseph Vilsmaier ein schier unerschöpflicher Hort für Filmideen. Zahlreiche historische Stoffe hat der Münchner schon inszeniert: „Stalingrad“, „Comedian Harmonists“, „Die Gustloff“ oder „Nanga Parbat“ über die dramatische Himalayaexpedition der Brüder Reinhold und Günther Messner. Doch seine größte Leidenschaft gilt seiner Heimat. Mit Hingabe, aber doch auch mit leicht ironischer Distanz zeichnet er ein Bild von Bayern. „Du brauchst nicht nach Spanien, in die Türkei oder nach Italien, das ist alles viel schöner in Bayern“, sagte er einmal. An diesem Freitag, 24. Januar, wird der energische, humorvolle, manchmal auch grantelnde „Bayer mit Leib und Seele“, den alle in der Branche liebevoll „Sepp“ nennen, 75 Jahre alt.
„Die Menschen sind wortkarg und haben das Herz am rechten Fleck, sie sind manchmal grantig, manchmal nett, die haben alles drauf“, begründet Vilsmaier seine Heimatliebe, die in zahlreichen Filmen ihren Ausdruck fand. So etwa in der Dokumentation „Bavaria – eine Traumreise“ – einem musikalisch untermalten Helikopterflug über den Freistaat. „Das war die schönste Nebensache der Welt“, hatte er kurz vor dem Kinostart 2012 geschwärmt. Kein Wunder, schwebte er doch 50 Stunden lang mit einem Piloten über dem Freistaat, auch wenn der Himmel dabei nicht immer weiß-blau war.
Zum Beruf des Regisseurs war Vilsmaier über Umwege gekommen. Nach seiner Kindheit und Jugend in Niederbayern und München studierte er neun Jahre lang Musik, Schwerpunkt Klavier. Er arbeitete als Techniker und musizierte in einer Jazzband. 1961, da war er Anfang 20, kam er zum Film, erst als Materialassistent, später als Kameramann. Erst mit fast 50 Jahren probierte er sich als Regisseur: 1988 inszenierte er „Herbstmilch“, einen eindrucksvollen Kinofilm über das harte Leben der niederbayerischen Bäuerin Anna Wimschneider nach deren eigenem Buch. Mit der Literaturverfilmung „Schlafes Bruder“ sorgte Vilsmaier international für Aufsehen und ging 1995 sogar ins Rennen um den Oscar. Nicht minder erfolgreich und mit vielen Preisen überhäuft war auch der Streifen „Comedian Harmonists“ über das weltberühmte Vokalensemble aus Berlin.
Mit „Nanga Parbat“ von 2009 hatte der Filmemacher weniger Glück. Vor wenigen Tagen am 16. Januar verurteilte ihn das Oberlandesgericht München, mehr als 150 000 Euro an einen ehemaligen Produzenten zu zahlen. Die beiden hatten um die Finanzierung des Films gestritten. Während der Arbeit an dem Bergsteigerdrama traf Vilsmaier allerdings ein Schicksalsschlag, der weitaus härter war: Anfang Februar 2009, wenige Tage nach seinem 70. Geburtstag, starb seine Frau Dana Vavrova nach schwerer Krankheit. Bis heute macht ihm der Abschied von ihr zu schaffen. So hatte er in einem Interview erklärt, er gehe nicht mehr auf Beerdigungen und schreibe stattdessen einen Brief: „Ich leide zu sehr auf dem Friedhof. Das tue ich mir nicht mehr an.“ Mit Vavrova war der Filmemacher nicht nur privat, sondern auch beruflich eng verbunden, hatte sie doch nach Vilsmaiers Regiedebüt „Herbstmilch“ in vielen seiner Werke mitgespielt.
Doch das Leben geht weiter, nicht zuletzt dank der drei erwachsenen Töchter Theresa, Janina und Josefina – wie ihre Eltern sind auch sie im Filmgeschäft aktiv. Josefina spielte zuletzt unter Regie ihres Vaters in dem im Herbst ausgestrahlten ARD-Heimatfilm „Der Meineidbauer“.
Vilsmaier als Hahn im Korb, der das Sagen hat? Am Filmset ja, verriet Josefina bei der Vorstellung des Films dem Magazin „Focus“. „Zu Hause nicht immer.“
Das Bayerische Fernsehen zeigt „Herbstmilch“, „Nanga Parbat“ und „Schlafes Bruder“ in einer Vilsmaier-Nacht am 25. Januar ab 20.15 Uhr.