Wie eine ungezähmte Naturgewalt – so wirkt Josef Bierbichler oft auf den ersten Blick. In dem Film „Winterreise“ lebt der Schauspieler als ewig unzufriedener, polternder Geschäftsmann seine Gefühle mit Heftigkeit aus. Rohe Kräfte walten auch in seinem selbst konzipierten Theaterstück „Holzschlachten. Ein Stück Arbeit“ von 2006 an der Berliner Schaubühne. Darin verarbeitete er Interviews des KZ-Arztes Hans Münch und Monologe. Doch es gibt auch die andere Seite: empfindsam, nachdenklich und poetisch kann Bierbichler sein – etwa wenn er mit leiser, leicht rauer Stimme über seine Träume oder den Tod sinniert.
Ein Reflex, eine fixe Idee habe ihn auf den Weg zur Schauspielerei geführt, sagte er einmal: „Ich hab' überhaupt nicht nachdenken müssen, was ich machen will.“ Kindheit und Jugendjahre verbrachte der Bauernsohn in Ambach am Starnberger See. Schon früh stieg er in dem idyllisch gelegenen Gasthaus „Zum Fischmeister“ ein, das er aber schon vor Jahren verpachtete.
Mit 13 ging er einige Zeit in ein katholisches Internat im schwäbischen Donauwörth. Nach der Schulzeit besuchte er eine Hotelfachschule und trat als Laiendarsteller bei einem Bauerntheater am Starnberger See auf. Anfang der 1970er Jahre absolvierte er die Schauspielausbildung an der Münchner Otto-Falckenberg-Schule.
Bald feiert er Erfolge auf bedeutenden Bühnen in München, Hamburg, Berlin und Wien. Prägend wird für Bierbichler die Begegnung mit Herbert Achternbusch. Zahlreiche gemeinsame Projekte für Theater und Film entstehen, darunter „Bierkampf“ oder „Heilt Hitler“. Es folgen Filme mit Werner Herzog, Tom Tykwer oder Michael Haneke. Mehrfach küren ihn Kritiker zum „Schauspieler des Jahres“. Bierbichler erhält 1998 den Adolf-Grimme-Preis in Gold für seine Rolle in dem ZDF-Fernsehfilm „Freier Fall“ und 2007 den Deutschen Filmpreis als Bester Schauspieler für seine Rolle in „Winterreise“.
Auf die Gunst seiner Zuschauer schielt Bierbichler nicht, Applaus empfindet er als eher unangenehm. „Das Publikum ist mir ehrlich gesagt relativ wurscht. Ich habe keine Angst davor und auch kein Lampenfieber“, sagt er in einem Interview.
2001 erscheint Bierbichlers autobiografisch gefärbtes Buch „Verfluchtes Fleisch“, zehn Jahre später der 400 Seiten dicke Roman „Mittelreich“. Darin erzählt der unverheiratete Vater von drei Kindern die Geschichte einer Bauern- und Wirtsfamilie über drei Generationen hinweg.
Zufrieden, so scheint es, ist Bierbichler vor allem einsam, in der Natur seiner Ambacher Heimat, wenn er Holz aus dem eigenen Wald hackt.