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BAYREUTH
Jonathan Meese attackiert Bayreuther Festspiele
Jonathan Meese
Foto: dpa | Jonathan Meese
dpa
 |  aktualisiert: 16.11.2014 20:52 Uhr
Nach seinem Aus bei den Richard-Wagner-Festspielen hat Jonathan Meese (44) die Verantwortlichen in Bayreuth scharf kritisiert. „Es geht in Bayreuth schon lange nicht mehr um Kunst. Es geht um Selbsterhalt, Macht und den Kampf gegen die sinkende Relevanz“, erklärte Meese dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. In Bayreuth herrsche eine „Kultur von Befehl und Gehorsam“. Meese sprach auch von Einschüchterungsversuchen. Der 44-Jährige hätte 2016 am „Grünen Hügel“ Richard Wagners „Parsifal“ inszenieren sollen. Am Freitag verkündeten die Festspielverantwortlichen die Trennung (wir berichteten). Sein Konzept sei nicht finanzierbar, hieß es.

Der in Bayreuth erscheinende „Nordbayerische Kurier“ berichtete, Meese habe nach einem ersten Treffen mit den Verantwortlichen zwar nachgebessert, doch das Budget wäre auch dann immer noch erheblich überschritten worden.

Jonathan Meese hält das Budget-Argument für vorgeschoben: „Künstler scheitern an Bayreuth, weil die Kunst dort kein Zuhause mehr hat. Meese ist nicht an Wagner gescheitert, sondern Bayreuth an Meese.“ Laut „Spiegel“ sei der Künstler sogar bereit gewesen, für mögliche Mehrkosten seiner Inszenierung selbst aufzukommen. Beispielsweise habe er Sponsoren anwerben wollen. Dieser Vorschlag sei „ohne Begründung“ von Festspielleiterin Katharina Wagner abgelehnt worden, teilte Meeses Büro der Nachrichtenagentur dpa mit.

Meese setzt in seinen Performances immer wieder satirisch Hakenkreuz und Hitlergruß ein. Mit derlei Symbolik ist man vorsichtig in Bayreuth, wo die braune Vergangenheit noch immer wie ein Schatten über dem Festival liegt. Angeblich war das nicht der Grund für die Trennung. Dennoch wird spekuliert, ob die Verantwortlichen Angst vor der eigenen Courage bekommen hätten.

Meese ist nicht der erste prominente Künstler, der in Bayreuth nicht zum Zuge kommt, obwohl die Zusammenarbeit schon konkrete Züge angenommen hat.

• Der Filmemacher Lars von Trier wurde für den „Ring des Nibelungen“ gewonnen. 2006 sollte der bekannte Däne in Bayreuth seine Deutung von Wagners Mammutwerk präsentieren. Doch daraus wurde nichts. Seit 2001 liefen die Vorbereitungen, 2004 stieg von Trier aus. Begründung damals: Das Projekt übersteige seine Kräfte. Lars von Trier hatte bis dahin keine Opernerfahrung gesammelt.

• Wim Wenders war ein weiterer Versuch, einen prominenten Filmregisseur nach Bayreuth zu holen. Wenders sollte 2013 den „Ring“ in Szene setzen. Das hätte pünktlich zu Richard Wagners 200. Geburtstag eines der spektakulärsten Opernprojekte des Jahrzehnts werden können. Doch gut zwei Jahre vorher platzte das Projekt, obwohl beide Seiten monatelang Zuversicht verbreitet hatten. Die genauen Gründe blieben im Dunkeln. Die Festspielleitung stand ohne Regisseur da und galt als blamiert. Der Berliner Volksbühnen-Intendant Frank Castorf sprang ein. Eine brave Verlegenheitsinszenierung aber ist sein „Ring“ nicht geworden – er ist auch dieses Jahr in der zweiten Auflage kontrovers diskutiert worden.

• Nur wenige Tage vor der Premiere verjagte die Festspielleitung 2012 den Sänger Evgeny Niktitin, der den Fliegenden Holländer hätte singen sollen. Grund war ein Tattoo, das nicht einmal mehr zu sehen war. Filmaufnahmen aber hatten den Russen als Mitglied einer Metal-Band gezeigt – mit einer Tätowierung auf dem Oberkörper, die verdächtig nach einem Hakenkreuz aussah. Die Bayreuther Chefetage bat den Sänger zum Rapport, der sich danach zur Abreise entschloss, so die offizielle Lesart. Das verdächtige Tattoo hatte sich Nikitin schon damals längst überstechen lassen.

 
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