Er war sein Leben lang der Klassik verbunden – und war trotzdem an den härtesten Klängen beteiligt, die es damals gab: Jon Lord beherrschte die Klavier- und Orgeltasten in so gut wie jeder Stimmlage. Als Keyboarder der Band Deep Purple ging er mit seinen Hammondorgel-Soli in die Musikgeschichte ein. Am Montag, 16. Juli, starb er mit 71 Jahren in London an Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Unter Experten mag das umstritten sein, doch manche sind der Meinung, ohne Deep Purple gäbe es weder Heavy Metal noch Hardrock. Zu ihren Hochzeiten in den 1970er Jahren galten sie als „lauteste Band der Welt“. Jonathan Douglas „Jon“ Lord allerdings, geboren am 9. Juni 1941 in Leicester, mochte immer auch die leisen Töne.
Musik machte und komponierte er bis zuletzt, sie sei „Teil seiner Therapie“, sagte Lord. Wie wichtig sie für ihn war, zeigte sich schon früh. Er hätte auch Schauspieler werden können, besaß sogar ein Stipendium. Doch der Sohn eines Künstler-Ehepaares entschied sich für die Musik. Zunächst lernte er klassisches Klavier. Dann entdeckte er den Rock 'n' Roll von Jerry Lee Lewis und den Jazzorganisten Jimmy Smith.
Es folgten erste Auftritte in Pubs mit verschiedenen Musikerfreunden, darunter auch der spätere Rolling-Stones-Gitarrist Ron Wood und dessen Bruder Art. Beim Kinks-Hit „You really got me“ spielte er Klavier. Im Frühjahr 1968 nahmen Deep Purple mit „Shades Of Deep Purple“ an nur einem Wochenende ihr erstes Studioalbum auf. Geprägt war es vor allem von der Psychedelic-Mode der Zeit, es gab aber auch Bluesrock. Obwohl es klanglich eher an die Beatles erinnerte, erstaunte schon damals die Härte.
Ihren typischen harten Rock-Klang entwickelte die Gruppe dann Anfang der 1970er Jahre mit teilweise neuer Besetzung. Das Album „Deep Purple In Rock“ kam 1970 heraus, auf „Machine Head“ (1972) war das bis heute wohl berühmteste Stück der Band zu hören, „Smoke On The Water“. Der damals noch am Anfang seiner Karriere als Konzertveranstalter stehende Marek Lieberberg erinnert sich in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ an das Konzert von Deep Purple 1972 in Würzburg: „In den Huttensälen sagte mir der Hausmeister: ,Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Lieberberg, wir haben das hier in Würzburg mit der Sicherheit rigide im Griff!' Ein paar Rocker testeten dann mal, wie schnell man einen so strengen Hausmeister in einer Drehtür beschleunigen kann. Der ist da durchgeschossen wie in einer Slapstick-Komödie. Zu Konzertbeginn lag er schon im Krankenhaus.“
Zwischen den Aufnahmen mit Deep Purple und unzähligen Welttourneen fand Lord immer wieder Zeit für Soloprojekte, in denen er Rock mit klassischer Musik verband, zeitweise mit Unterstützung durch Deep Purple wie für das „Concerto for Group and Orchestra“ (1969) oder in Form von Soloalben wie „Sarabande“ oder „Gemini Suite“. Über die Jahre verkauften Deep Purple mehr als 100 Millionen Alben. Von Anfang an fanden viele Wechsel in der Besetzung statt, auch eine Auflösung gab es, Lord blieb neben Schlagzeuger Ian Paice aber eine Konstante. Als sich Deep Purple das erste Mal trennten (1976), gründete er mit Paice und Tony Ashton die Band Paice Ashton Lord, die nur ein einziges Album einspielte, „Malice in Wonderland“. Nach einer Tour und den Vorbereitungen für ein weiteres Album, das jedoch nur teilweise aufgenommen und erst vor wenigen Jahren veröffentlicht wurde, gingen Jon Lord und Ian Paice zu David Coverdales Gruppe Whitesnake.
1984 machte Lord dann bei der Wiedervereinigung von Deep Purple mit, 2002 meldete er sich dann aber endgültig ab und widmete sich nur noch der Klassik. Im August 2011 gab er auf seiner Webseite bekannt, dass er Krebs habe, versprach aber, weiterzukomponieren. Er hatte der Krankheit den Kampf angesagt: „Ich bin mir sicher, dass ich nächstes Jahr wieder in guter Form zurück bin. Alles Gute und bis bald. Jon.“