„Ich hoffe, ich werde als ein guter Bluesmusiker in Erinnerung bleiben.“ Dieser häufig geäußerte Wunsch von Johnny Winter dürfte in Erfüllung gehen. Der Name des Gitarrenvirtuosen und Sängers, der in der Nacht zum Mittwoch 70-jährig in Zürich gestorben ist, wurde häufig mit Rockstars wie Jimi Hendrix oder Eric Clapton in einem Atemzug genannt. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere galt Winter als der beste weiße Bluesmusiker.
Der Albino, der mit vollständigem Namen John Dawson Winter III. hieß, war fast 50 Jahre lang im Geschäft und einer der wenigen weißen Musiker, die in der Ehrengalerie der Blues Hall of Fame vertreten sind. Unverdrossen war der Texaner bis zuletzt in den USA und in Europa auf Tournee gegangen. Für September hatte er eine Studio-CD mit Clapton, Leslie West und anderen Rock-Größen angekündigt. Sein Gitarrenspiel und die heisere Stimme hatten auch im Alter nichts von ihrer Intensität eingebüßt.
Eine Reportage der Rockzeitschrift „Rolling Stone“ hatte den Musiker 1968 zum Durchbruch verholfen. Dort wurde Winter als das „heißeste Stück neben Janis Joplin“ beschrieben. „Stellt euch einen 130 Pfund leichten, schielenden Albino mit langen, wehenden Haaren vor, der so ziemlich die schneidigste Gitarre spielt, die ihr je gehört habt“, hieß es in dem Bericht.
So wurden die – nach neuen Superstars suchenden – Plattenfirmen auf den Musiker aus der Provinz aufmerksam. 1969 erhielt Winter seinen ersten hoch dotierten Vertrag und trat beim legendären Woodstock-Festival auf. Allerdings enttäuschte er die Hoffnungen der Rockfans auf einen „neuen Hendrix“. Winter fühlte sich eher einem erdigen Blues verbunden.
Schon bald musste er zur Behandlung einer Heroinsucht eine längere Auszeit nehmen. Mit der LP „Still Alive And Well“ (Noch am Leben und gut drauf) feierte er 1973 ein erfolgreiches Comeback. Bis heute veröffentlichte er mehr als zwei Dutzend LPs und CDs.
Ende der 1970er Jahren ging für Winter ein Traum in Erfüllung: Er nahm als Produzent drei LPs mit seinem alten Vorbild, der Blues-Legende Muddy Waters auf. Später wurde es um ihn merklich stiller. Seine Platten erhielten zwar weiterhin gute Kritiken, aber der Blues-Rock war aus der Mode gekommen. Winter ließ sich aber auf keine Kompromisse ein und blieb bis zuletzt seinem Stil treu.
Allerdings waren die Jahre zuletzt nicht spurlos an dem Musiker vorübergegangen. Schon seit einiger Zeit war Winter bei seinen Konzerten nicht mehr verzückt über die Bühne gesprungen und auch nicht mehr vor begeisterten Fans auf die Knie gesunken. Er war gesundheitlich so angegriffen, dass er während seiner Auftritte meist auf einem Stuhl saß.
Der Sohn eines Baumwollplantagen-Besitzers hatte als Fünfjähriger schon Klarinette gespielt und über die Ukulele zur Gitarre gefunden. Seine Heimatstadt Beaumont war Schauplatz rassistischer Auseinandersetzungen, aber Winter hatte als Jugendlicher keine Scheu, in die Wohnviertel der Schwarzen zu gehen. „Ich war ein ständiger Gast in den Clubs der Schwarzen“, erzählte er. „Niemand hat mich dort angemacht. Ich fühlte mich immer willkommen.“
Mit dem drei Jahre jüngeren Bruder Edgar, der auch ein erfolgreicher Jazz- und Rockmusiker wurde, gründete er mit 15 Jahren seine erste Band.