In den 40 Tagen von Aschermittwoch bis Ostern erinnern Christen an den Leidensweg Christi, wie er in den Evangelien dargestellt ist. Jesu Leiden und sein Tod am Kreuz sind im christlichen Verständnis untrennbar mit dem Glauben an die Auferstehung verbunden, die an Ostern gefeiert wird. Seit Menschen daran glauben, dass Jesus mit seinem Tod seinen göttlichen Erlösungsauftrag auf Erden erfüllt hat, wird diese Passionsgeschichte auch in der Kunst dargestellt – im Lauf der Jahrhunderte auf höchst unterschiedliche Weise, ob auf Bildern, auf der Bühne in der Musik oder auch in Literatur und Film.
Bildende Kunst
Passionsdarstellungen bestimmen von der Spätgotik an vor allem in Deutschland die Malerei. Die Leidensgeschichte wird häufig als Bilderzyklus dargestellt, als Abfolge dramatischer Szenen. Dabei wird Jesus immer mehr vom gekreuzigten Gottessohn – wie im früheren Mittelalter – zum gefolterten Menschen, dem die Schmerzen der Folter auch anzusehen sind. Albrecht Dürer, Lucas Cranach oder Martin Schongauer zeigen an der Schwelle zur Renaissance Jesus in ihren Werken mit übersteigertem und vermenschlichtem Leidensdruck. In vielen Kirchen gibt es entsprechende Fresken, Fenster oder Wandelaltäre.
Auf den Außenflügeln ist die Passion, innen oft der jugendliche Jesus zu sehen. Der 1513/15 entstandene „Isenheimer Altar“ von Matthias Grünewald gilt als eine der bedeutendsten Passions-Darstellungen.
Literatur
Neben vielen theologischen Werken über die Passion fanden Leben und Leiden Christi besonders in jüngerer Zeit Eingang auch in die Belletristik. In Max Brods Roman „Der Meister“ (1952) steht das Leben im Jerusalem unter römischer Herrschaft im Vordergrund. Der Ire Colm Tóibín erzählt in seinem 2014 erschienenen Roman „Marias Testament“ die Passionsgeschichte aus der Sicht Marias. Sie erinnert sich als alte Frau, dass Jesus grausam hingerichtet wurde, glaubt aber nicht, die Mutter Gottes zu sein.
Film
Andere Romane über die Passion wurden vor allem durch Verfilmungen weltbekannt. So basiert William Wylers Hollywoodklassiker „Ben Hur“ (1959 – berühmt für sein Wagenrennen) auf dem 1880 erschienenen Roman „Ben-Hur: A Tale of the Christ“ des US-Generals Lewis Wallace. Im September soll eine Neuverfilmung in die Kinos kommen.
„Die letzte Versuchung“ von Nikos Kazantzakis wurde von der katholischen Kirche auf den Index gesetzt und 1988 von Martin Scorsese als „Die letze Versuchung Christi“ ins Kino gebracht. Gläubige störten sich beim Roman wie beim Film daran, dass Jesus am Kreuz in einer Vision eine Familie mit Maria Magdalena gründet und unerkannt weiter lebt. Es kam – auch in Würzburg – zu Demonstrationen vor den Kinos. Die Kritik an „Die Passion Christi“ von Mel Gibson von 2004 reichte vom Protest wegen ausufernder Gewaltszenen bis zum Vorwurf des Antisemitismus. Jüngster Jesus-Film ist der gerade angelaufene „Auferstanden“ von Regisseur Kevin Reynolds.
Im Kontrast zum Genre steht der bitterböse britische Humor der Komikergruppe Monty Python mit „Das Leben des Brian“ (Regie: Terry Jones) von 1979. Auch hier liefen religiöse Gruppen Sturm gegen den Film, mehrere Länder verhängten Aufführungsverbote. Wo er in die Kinos kam, sahen die Zuschauer Brian als Jesus-Stellvertreter wider Willen am Kreuz fröhlich singen und pfeifen: „Always look on the bright Side of Life“. Mittlerweile läuft der Film immer wieder auch im Fernsehen.
Musik
In der Kirchenmusik gelten die an Karfreitag 1724 uraufgeführte „Johannes-Passion“ und die „Matthäus-Passion“ von 1729 als Höhepunkte. Johann Sebastian Bachs Werke gehören noch heute zu den meistaufgeführten Kompositionen der sakralen Musik. In der Rock-Musik nahm sich unter anderem das Musical „Jesus Christ Superstar“ von Andrew Lloyd Webber der Thematik an. Gegen den Widerstand christlicher Gruppen wurde die moderne Adaption der Passion von 1971 zu einem weltweiten Erfolg.
Tanz
In einer Choreografie von John Neumeier („Ich bin Christ und Tänzer“) präsentierte das Hamburg Ballett 1981 die Uraufführung von Bachs „Matthäus-Passion“. Im Jahr zuvor waren bereits Neumeiers „Skizzen zur Matthäus-Passion“ in der Hamburger Michaeliskirche zu sehen.
Bühne
Aus der Tradition mimischer Darstellungen während der Karfreitags-Gottesdienste haben sich Passionsspiele entwickelt, die in katholisch geprägten Regionen bis heute aufgeführt werden. Die bekanntesten werden im oberbayerischen Oberammergau gezeigt. Nach langem Leiden im Dreißigjährigen Krieg und Sterben an der Pest gelobten die Oberammergauer 1633, alle zehn Jahre das „Spiel vom Leiden, Sterben und Auferstehen unseres Herrn Jesus Christus“ aufzuführen. 2010 organisierte die Gemeinde das Spiel zum 41. Mal. Mehr als 2000 Mitwirkende – fast die Hälfte der Bewohner Oberammergaus – brachten in einer fünfstündigen Aufführung die Passion auf die traditionsreiche Freilichtbühne. Im unterfränkischen Sömmersdorf gibt es seit 1933 – von Rom als „Heiliges Jahr“ ausgerufen – Passionsspiele. 2013 nahmen an der Aufführung fast zwei Drittel der 680 Einwohner des Ortes teil. Die Passionsspiele finden in dem Ortsteil von Euerdorf im Landkreis Schweinfurt alle fünf Jahre statt, das nächste Mal 2018.