Und das dürfte es noch längst nicht gewesen sein. Schwer zu fassen und doch wahr: Adriano Celentano, der zum Klamauk neigende Komödiant, der Italiener mit der unverwechselbaren Stimme, wird am Sonntag, 6. Januar, 75 Jahre alt. Allenfalls das stark gelichtete Haupthaar des Sängers, Schauspielers und Produzenten legt davon Zeugnis ab.
Talent zur Selbstdarstellung
Mit einem lässigen Gang, flapsiger Wortwahl und Talent auch zur Selbstdarstellung machte der Norditaliener, den seine Frau Claudia Mori gern einen „ziemlichen Dickschädel“ nennt, Karriere. Die Sängerin muss es wissen, bildet sie doch seit Jahrzehnten schon mit dem „König der Ignoranten“ (ein CD-Titel Celentanos) ein sehr hübsches Paar. Wenn der Sänger mit dem netten Lächeln und der rauen Stimme mal wieder eine TV-Show hat, dann schalten in Italien Millionen ein.
Seine Hits wie „Una festa sui prati“ oder „24 000 baci“ sind unvergessen – auch weil man im Auto und unter der Dusche so schön mitsingen kann, wenn Italiens damalige Antwort auf Elvis Presley im Radio angesagt ist. Dutzende Alben brachte er in mehr als 50 Jahren heraus. Vor einem halben Jahrhundert holte sich Celentano den schmeichelhaften Vergleich mit dem King of Rock 'n' Roll, als er bei einem Musikfestival vorsang und erstmals so richtig einen Saal zum Toben brachte. Seitdem ist er nicht zu bremsen, kaum ein Jahr ohne neue Musik der altbewährten Stimme, im Herbst zuletzt „Dormi amore la situazione non e buona“ über die Lage, die nicht so gut ist. Die Gattin und Gesangskollegin beteuerte unterdessen, weder mit einem Mythos noch mit einem Genie das Bett zu teilen, er bringe sie aber immer noch zum Lachen. Im Slapstick war Adriano Celentano immer gut. Seriös begann 1959 seine Leinwandkarriere, mit einem kurzen Auftritt in Federico Fellinis „La dolce vita“. Was folgte, war auf Klamauk geeicht, manchmal auch mit politischem Unterton versehen und oft ein Kinoschlager.
Die Filmtitel stehen für sich: „Ein seltsamer Typ“, „Der große Bluff“, „Der gezähmte Widerspenstige“ und natürlich vor allem „Gib dem Affen Zucker“ mit Ornella Muti. Vielleicht noch dieser von 1984: „Der Größte bin ich“. Celentano nimmt sich selbst nicht so ernst, inzwischen filmt er allerdings kaum mehr.
In Mailand in ärmlichen Verhältnissen geboren, schmiss er nach fünf Jahren die Schule, jobbte als Scherenschleifer, fing eine Uhrmacherlehre an – und schlug sich als Komiker und Imitator durch.
In der Arena von Verona
Dann lief die Musik- und Filmkarriere an. Seine lockere und einnehmende Art sollte sich später auch im Fernsehen auszahlen. Ende der 80er Jahre sorgte er als TV-Moderator der Sendung „Fantastico“ wegen seiner hohen Gagen und politischen Äußerungen für Schlagzeilen. „Ich könnte fünf Millionen Wählerstimmen verschieben“, gab er einmal im Rai-Fernsehen an. Im Jahr 2005 hielt er dem damaligen Regierungschef Silvio Berlusconi im Staatsfernsehen vor, die Pressefreiheit zu verletzen. Wobei die meisten Fans – heute wie früher – doch vor allem seine Lieder hören wollen.
So wie bei den beiden Konzerten im Oktober in der Arena von Verona. 24 000 Fans waren dabei, mehr als neun Millionen sahen die Show im Fernsehen.