Mit einem berückend intimen Adventskonzert gelang es der schwedischen Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter im Kloster Bronnbach, ihrem Publikum ein ganzes musikalisches Universum zu erschließen. Denn die Sängerin, die auf den Bühnen der Welt zu Hause ist und schon zum vierten Mal in dem ehemaligen Zisterzienserkloster im Taubertal gastierte, machte Musik fürs Gemüt, ohne sich in den klebrigen Fäden des Weihnachtskitsches zu verstricken.
Mit untrüglichem Instinkt ergänzten Anne Sofie von Otter, Thomas Dunford (Laute) und Jean Rondeau (Cembalo und Truhenorgel) englische, französische und deutsche Barockmusik um Rock- und Popmusik der vergangenen Jahrzehnte, die auf barocke Instrumente und Stilistik zurückgreift. So wischte man dem Schubladendenken lässig eins aus und machte bewusst, dass auch in der Musikgeschichte alles im Fluss ist.
Das Melancholische und Vulgäre, die augenzwinkernde Selbstironie in Henry Purcells und John Dowlands Songs arbeitete von Otter mit dramatisch-theatralischer Begabung heraus. Purcells Marktschreier-Song „Fine Knacks for Ladies“ packte das Trio musikantisch beim Schopf – als Musikkabarett mit Füßestampfen, singenden Instrumentalisten und imitierter Posaune. Erstarrte Tränen fielen in Purcells „What Power art thou“ aus „King Arthur“, wo von Otter das Leid des Kältegeists ungeschminkt darstellte („Let me freeze again to death“).
In François Couperins tranceartig oszillierenden „Les barricades mystérieuses“ entfaltete das Zusammenspiel der beiden jungen Instrumentalisten schimmernde Verführungskraft und Klangtiefe – ein Flirt von Licht und Schatten mit Farbwechseln wie im Kaleidoskop. In der letzten Strophe von Johann Sebastian Bachs „Ich steh? an deiner Krippen hier“ schmiegten sich von Otter und Dunford musikalisch ebenso eng aneinander.
Verführung zu „Stille Nacht“
Mit Samt und Schmelz sang von Otter schließlich Stings „Fields of Gold“ und „Lullaby to an anxious Child“, Kate Bushs „Bertie Bertie“ und „Cover me“ der isländischen Elektroqueen Björk, wo die wenigen Cembalotöne heimatlos in der Weite verhallen – unaufgeregte, doch atemberaubend schöne Perlen der modernen Unterhaltungsmusik, die zwischen Barock und Minimal Music ihren Platz gefunden haben.
Von Otter nahm ihr Publikum an diesem Abend so behutsam an die Hand, dass man sich ganz selbstverständlich zu einer gemeinsamen Strophe von „Stille Nacht“ verführen ließ. Wer bislang noch kein Fan war, der ist nun wahrscheinlich einer.