Perry Rhodan bricht sämtliche Rekorde: Mit über einer Milliarde verkaufter Hefte wurde die deutsche Serie mit dem gleichnamigen Titelhelden zur erfolgreichsten Science-Fiction- und Heftroman-Reihe des Universums und zum meistgelesenen Produkt der deutschen Nachkriegsliteratur. Seit dem 8. September 1961 erscheint ununterbrochen wöchentlich eine Folge bei der Verlagsunion Pabel-Moewig – unlängst Heft Nummer 2500. Pünktlich zum Jubiläum hat Eckhard Schwettmann in dem Buch „Fast alles über Perry Rhodan“ Anekdoten und Wissenswertes rund um die Serie zusammengefasst. Ein Gespräch mit Schwettmann über den deutschen Helden mit englischem Namen.
eckhard Schwettmann: Perry Rhodan ist ein ganz normaler Mensch. Aber er hat was von Barack Obama, eine natürliche Autorität. Es gelingt ihm, Menschen zusammenzubringen, und sobald Probleme auftauchen, weiß er sofort eine Lösung und unternimmt meist das Richtige. Der Politiker Kurt Beck wurde mal gefragt, wie er in seiner Jugend gern gewesen wäre. Da hat er wie aus der Pistole geschossen geantwortet: wie Perry Rhodan. Ein absolutes Vorbild, ein Machertyp, der was bewegt.
Schwettmann: Nein, aber er verharrt im Alter von 38 Jahren und altert nicht. Das ist ein Trick der Autoren, damit die Helden der Serie die Geschichte der Menschheit über Jahrtausende begleiten können.
Schwettmann: Wenn er Hans Müller heißen würde, hätte es nicht die Ausstrahlung gehabt. Die englischen Namen klingen einfach toller. Zu der Zeit, als die Serie entstanden ist, war die amerikanische schon die dominierende Kultur. Da musste man so tun, als wäre Perry Rhodan eine amerikanische Serie.
Schwettmann: Science Fiction war in den 50er und 60er Jahren ein riesiges Thema. Iuri Gagarin war am 12. April 1961 der erste Mensch im Weltraum, und John F. Kennedy sagte sechs Wochen später, dass er noch im selben Jahrzehnt einen Mann auf den Mond bringen wolle. Da hat man sich gesagt, wenn wir jetzt eine Serie schreiben, muss die im Hier und Jetzt beginnen, die Mondfahrt beschreiben, und darauf kontinuierlich aufbauen. So ist Perry Rhodan 1971 auf dem Mond gelandet, und so kommt die Geschichte in Gang.
Schwettmann: Perry Rhodan begegnet bei seiner Mondlandung Außerirdischen, die dort gestrandet sind. Menschenähnliche Wesen, darunter auch eine Frau, mit der er anbandelt. Später verhindert er einen Atomkrieg auf der Erde. Damals herrschte Kalter Krieg, und in seiner Welt macht Perry Rhodan die Atomwaffen unbrauchbar, baut mit Hilfe der Technologie eine Raumflotte auf, und dann beginnt der Aufbruch der Menschheit zu den Sternen.
Schwettmann: Es wird immer das reflektiert, was aktuell ist. In den 60er Jahren war es der Kalte Krieg, in den 70er die Friedensbewegung, Umweltschutz, das spiegelt sich alles in der Serie wider. Sogar das Aufkommen der neuen Medien in den 90er Jahren wird thematisiert. Da gibt es dann plötzlich Kulturen, die einen Internetanschluss im Kopf haben und so untereinander vernetzt sind.
Schwettmann: Ja, da hat es vor vier Jahren einen Roman gegeben, in dem die Menschen auf die Erde zurückkommen und die Finanzwelt zusammenbricht. Börsenkurse spielen verrückt, der Strom geht aus, die ganze Wirtschaft liegt brach.
Schwettmann: Aber ein Teil der Handlung ist auch eine mystische Komponente, die Suche nach Gott. Es gibt mehrere gottähnliche Wesen, die Super-Intelligenzen, und bis heute weiß man nicht so genau, wo die herkommen und was sie für Absichten haben. Auch Perry Rhodan weiß nicht so richtig, was seine Bestimmung ist. Wir können ja gar nicht alles durchschauen, wieso gibt es Leben, wo kommen wir her? Ich glaube, dass der menschliche Verstand Grenzen hat, das zu begreifen.
Schwettmann: Da spielt der Entdeckerdrang der Menschen eine ganz wichtige Rolle. Den hat es schon zu Zeiten der Seefahrer gegeben, bei Vasco da Gama oder Magellan, wenn man sich anschaut, wie die auf winzigen Nussschalen über Jahre auf dem Meer unterwegs waren, um Neues zu entdecken. Das ist mittlerweile alles erforscht. Das wird das nächste große Ding, im All auf Entdeckungsreise zu gehen.
Schwettmann: Einiges, was in den Romanen beschrieben wird, ist aber nach heutigem Wissen vorstellbar. Es ist nur technisch noch nicht umgesetzt. Die Wissenschaftsredakteure, die für Perry Rhodan schreiben, lassen regelmäßig den aktuellen Stand der Wissenschaft einfließen.
Schwettmann: . . . und jeder schreibt die Bände, die seinen Vorlieben entgegenkommen. Es gibt Autorinnen, die gerne psychologische Romane schreiben, in denen zwischenmenschliche Konflikte beschrieben werden. Wenn wir die Finanzkrise thematisieren, gibt es dafür einen Spezialisten. Und es gibt einige Physiker, die die Romane dahingehend Korrektur lesen, ob technisch plausibel ist, was beschrieben wird, und ob es in die Perry-Rhodan-Welt passt.
Schwettmann: Genau, denen fällt sofort auf, wenn was nicht stimmt. Seit dem Start der Serie haben sich unglaubliche Datenmengen aufgetürmt. Man muss nicht nur wissen, wer die Protagonisten sind, sondern wie die Raumschiffe aussehen, wie man in ihnen kommuniziert, was man isst. Das sind alles Detailfragen, sodass bei elf Autoren leicht ein Fehler passieren kann. Ohne das Internet wären die Romane in ihrer ganzen Komplexität gar nicht mehr zu bewältigen.
Schwettmann: Es passiert ja in der Welt immer was Neues, das reflektiert werden kann: ein Virenausbruch wie jetzt bei der Schweinegrippe, eine Krise, neue Medien . . . Die Serie nimmt es auf und projiziert es in die Zukunft.
Schwettmann: Nein, das geht nicht. Ich habe es bis Band 800 geschafft, und jetzt lese ich sporadisch, was mich interessiert.
Schwettmann: Ich stamme aus dem Ruhrgebiet, und da gab es früher an den Büdchen immer diese Romane. Das war ganz selbstverständlicher Teil der Unterhaltungskultur, als es noch nicht so eine Fernsehlandschaft gab, kein Internet und keine Computerspiele.
Im Blickpunkt:
Perry Rhodans Rekorde
Ursprünglich als 30- bis 50-bändige Heftserie gedacht, wurde Perry Rhodan mit über einer Milliarde verkaufter Hefte zur erfolgreichsten Science-Fiction-Serie der Welt. Anders als die meisten anderen Heftromanreihen besteht Perry Rhodan nicht aus Einzelromanen, sondern ist als Serie mit einer durchgängigen, ständig komplexer werdenden Handlung konzipiert. Große zusammenhängende Handlungsabschnitte werden Zyklen genannt und umfassen meist 50 bis 100 Hefte. Die Serie erscheint inzwischen – neben der ursprünglichen Heftromanform – auch in Buch- und Hörbuch-Form.
Das Buch zur Serie In dem soeben erschienen Buch „Fast alles über Perry Rhodan“ versammelt Autor Eckhard Schwettmann (fast) alle Informationen rund um (fast) fünfzig Jahre Perry Rhodan und (fast) alle galaktischen Rekorde, als da zum Beispiel wären:
• Die Serie hat mehr als 240 000 Seiten fortlaufende Romanhandlung.
• Ein Buch mit allen Romanseiten wäre 7,5 Meter dick.
• Die Serie hat eine Gesamtauflage von mehr als einer Milliarde, das ist bedrucktes Papier mit einer Länge von 4,8 Millionen Kilometern.
• Es gibt mehr als 1000 Stunden Hörbücher.
Eckhard Schwettmann: „Fast alles über Perry Rhodan“, 264 Seiten, ca. 200 farbige Abbildungen, Humboldt, 14,90 Euro.