
Am 21. August treten sie in der Würzburger Posthalle auf: Tito Larriva, Chef der Kultband Tito & Tarantula, erzählt im Interview nicht nur über Musik, sondern auch über Dylan, Bono, Tarantino und andere.
Die Rockgruppe Tito & Tarantula wurde durch den Kultfilm „From Dusk Till Dawn“ von Quentin Tarantino und Robert Rodriguez weltbekannt. Band-Chef Tito Larriva schreibt seit über 30 Jahren Musik für Hollywood und entwickelte dabei einen ganz eigenen Stil aus Chicano-Punk, Spätsechziger-Rock, Tex-Mex und Blues. Tito & Tarantula touren mal wieder – und das in der legendären Besetzung aus „From Dusk Till Dawn“.
Tito Larriva: Durch einen Zufall. Ich schrieb damals gerade die Musik zu Robert Rodriguez‘ Film „Desperado“, in dem ich selbst mitspielte. Als er fertig war, wollte Robert, der damals erst Anfang 20 war, den Soundtrack auf seinem eigenen Label herausbringen.
Dafür gab ihm Sony Geld. Und dann sagte er zu mir: „Lass uns ein Album zusammen machen, ich werde es finanzieren.“
Larriva: Es öffnete für uns Türen auf der ganzen Welt. In Amerika hatte ich damals schon eine Karriere in der Filmbranche als Schauspieler und als Musiker. Robert Rodriguez war als Teenager ein Fan meiner ersten Bands, The Plugz und The Cruzados. Damals war ich auch als Produzent einer musikalischen Fernsehshow für den Sender Fox tätig, und darüber lernte ich den Oingo-Boingo-Drummer Johnny Vatos kennen, der später die Soundtracks für Tim-Burton-Film eingespielt hat. Johnny stieg also bei Tito & Tarantula ein, und jetzt geht er mit uns wieder auf Tournee – neben Originalgitarrist Peter Atanasoff, der die wunderschöne Gitarre auf „After Dark“ spielte. Dies ist unsere erste gemeinsame Tour in zwölf Jahren.
Larriva: Ein bisschen, ja. Aber eigentlich braucht er mich nicht mehr. Robert hat gerade die zweite Staffel mit einem jungen Team gemacht. Eigens für diese Serie haben wir eine neue Version von „After Dark“ aufgenommen. Und zwar mit einem spanischen Text! In der ersten Staffel gibt es auch wieder die Szene mit dem Schlangentanz. Aber die Band sind nicht mehr wir, sondern sie wird von jungen Schauspielern dargestellt, die unseren Song auf Spanisch interpretieren – mit einem Violinsolo!
Larriva: Es ist ein Becken mit extrem hungrigen Haien! Ihr Appetit ist praktisch unstillbar. Ich lebte 33 Jahre in Hollywood und arbeitete für Kino, Fernsehen und Theater. 2008 habe ich Hollywood endgültig verlassen.
Larriva: Richtig, aber ich habe oft auch mit diesen Leute gespielt. Das Filmgeschäft in Hollywood ist ein sehr schnelles. Meist hast du nur eine Woche mit den Kollegen zu tun. Manchmal baut man dann eine Beziehung zueinander auf, manchmal nicht. 1997 wirkte ich neben Sean Penn, John Travolta und James Gandolfini in dem Film „She?s so Lovely“ mit. Ich spielte einen Sänger. Ich stand auch mit Whoopi Goldberg und Drew Barrymore vor der Kamera, beide waren fantastisch. 1991 spielte ich eine Hauptrolle neben John Travolta in dem Drama „Eyes Of An Angel“. John, der spürte, dass ich sehr nervös war, half mir sehr. Er war überraschend zugänglich. Ich kann nichts Schlechtes über Hollywood-Schauspieler sagen.
Larriva: Das war 1994 bei den Dreharbeiten zu dem Film „Somebody To Love“, für den ich Musik schrieb. Ich hatte darin eine Rolle, neben Quentin Tarantino, Steve Buscemi, Harvey Keitel und sogar Antony Quinn, mit dem ich allerdings keine gemeinsame Szene hatte. Der Regisseur des Films, Alexandre Rockwell, meinte, ich müsste unbedingt einen gewissen Quentin Tarantino treffen, denn der sei völlig durchgeknallt. Wir sind dann zum Thailänder gegangen, und Tarantino ließ niemanden zu Wort kommen, sondern erzählte die ganze Zeit von seiner Idee zu einem Film namens „Kill Bill“. Und den hat er zehn Jahre später tatsächlich gedreht!
Larriva: Sehr interessant, denn er hat Ideen! Aber gerade deswegen kann er auch sehr schwierig sein. Der Regisseur Tarantino macht es einem nicht leicht. Er fordert immer sehr viel. Interessant fand ich auch, mal neben ihm zu spielen. Auch als Schauspieler denkt Tarantino pausenlos darüber nach, was man noch besser machen kann. Für mich ist er einer der größten Filmemacher der vergangenen 25 Jahre.
Larriva: In einem Artikel in „Vanity Fair“ hatte Wim Wenders meine Punkband The Plugz als seine Lieblingsgruppe bezeichnet. Ich war geplättet, als ich das las. Zehn Jahre später bekam ich von ihm tatsächlich einen Anruf, ob ich nicht Lust hätte, in seinem nächsten Film mitzuspielen. Wir trafen uns zu einem Vorgespräch, und Wenders meinte, ich sei perfekt für die Rolle. Leider wurde ich ausgerechnet am Drehtag krank und musste ins Krankenhaus, so dass dieser Job flach fiel.
Larriva: Ein oder zwei Jahre später rief Wenders mich wieder an und sagte: „Ich mache einen Film mit Bono. Ich möchte dich dabei haben, aber du darfst nicht krank werden!“ Auch diesmal meinte er, ich sei perfekt für die Rolle. Während der Dreharbeiten stellte er mich Bono vor mit den Worten: „Dies ist Tito von The Plugz, einer Punkband aus LA. Er soll im Film einen Song in Spanisch singen“.
Bono antwortete: „Okay, ich werde für ihn etwas schreiben!“ Eines Tages schickte mir Bono eine Audiokassette, auf der er einen Song in Fantasie-Spanisch sang. Die habe ich immer noch, weil sie so lustig ist. Denn als ich für Bonos Song einen spanischen Text schreiben wollte, fiel mir auf, dass das „Anarchy In The UK“ von den Sex Pistols war.
Larriva: Nein. Als ich dann mit Bono in dieses Studio in Hollywood ging, um den Song einzusingen, saß ich dort mit meinem neuen Text und der Melodie von Bono. Und dann sagte ich es ihm: „Bono, ich möchte ehrlich zu dir sein. Dieser Song ist 'Anarchy In The UK'. Die Leute werden das merken! Warum übersetzen wir nicht einfach den Originaltext ins Spanische?“
Larriva: Er ging zum Telefon und rief vermutlich John Lydon von den Sex Pistols an, während Wim Wenders und ich die ganze Zeit nervös auf und ab liefen. Einige Zeit später kam er zurück und rief: „Brillant: Wir werden 'Anarchy In The UK' auf Spanisch machen!“ Es war so lustig, weil Bono das Ganze plötzlich als seine eigene Idee verkaufte.
Larriva: Wir spielten in Hollywood, und niemand wusste, dass Dylan im Publikum saß. Offensichtlich ging er damals regelmäßig zu Konzerten anderer Bands und trug dabei immer ein Kapuzenshirt. Jedenfalls erhielten wir am nächsten Tag einen Anruf von seinem Manager. Er lud uns ein, Dylan in seinem Haus zu treffen und dort mit ihm zu spielen.
Larriva: Ja, aber ich war nicht dabei. Dylan brauchte ja keinen zweiten Sänger, sondern lediglich eine Band. Die Plugz haben dann fast ein Jahr täglich mit Dylan gespielt. Eines Tages rief wieder der Manager an und meinte, Dylan möchte gern mit den Plugz live in der David Letterman Show auftreten. Dazu muss man wissen, dass er zum damaligen Zeitpunkt viele Jahre nicht mehr aufgetreten war. Die Leute dachten schon, er würde es nie wieder tun. Als meine Band dann nach New York flog, war ich unglaublich stolz auf sie. Denn es gelang ihnen, Dylan ganz besonders klingen zu lassen.
Larriva: Einmal besuchte er uns im Studio, als wir gerade an einem Album arbeiteten. Er sagte: „Ich habe viel von dir gehört, Tito.“ Im ersten Moment wusste ich nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Sollte ich ihm die Hand küssen, wie man es bei einem Papstbesuch macht? Aber dann sagte ich einfach „Bob, ich habe auch von dir viel gehört“ und fühlte mich im selben Moment wie ein Idiot. Aber egal, Bob spielte dann tatsächlich auf unserem Album mit. Bei dem Titel „Rising Sun“ ist sein Mundharmonika-Solo zu hören. Ich weiß noch, wie er zu uns sagte: „Ich kenne bessere Mundharmonikaspieler als mich.“ Und wir antworteten: „Wir wollen aber dich!“ Dylan spielte mit dem Rücken zu uns. Ich glaube, er war schüchtern. Die Mundharmonika habe ich bis heute aufgehoben.
Larriva: 1982 kam in Amerika ein Kult-Porno namens „Café Flesh“ heraus. Der Produzent dieses Films wollte einen Punk-Art-Porno drehen, und so fragte er mich, ob ich Lust hätte, für das Projekt „New Wave Hookers“ Musik zu schreiben. Der Regisseur wirkte auf mich zwar ein bisschen schräg, aber ich sagte trotzdem zu. Kurze Zeit später stieg der Produzent aus und sagte zu mir: „Tito, die machen einen richtig harten Porno!“
Larriva: Ich antwortete ihm: „Ich mache trotzdem mit, ich brauche das Geld!“ Zu meiner Überraschung ist dieser Film richtig berühmt geworden. Das hatte unter anderem damit zu tun, dass Hauptdarstellerin Traci Lords damals erst 16 war, was in den USA einen landesweiten Skandal auslöste. Zuerst wurden die Szenen mit ihr indiziert, aber dann gewann der Film all diese Porno-Preise! Der Hollywood-Film „Boogie Nights“ mit Mark Wahlberg und Burt Reynolds basiert übrigens auf „New Wave Hookers“.